Dass
Kreta eine der Wiegen der europäischen Kultur ist, weiß man. Die kulturellen
Höchstleistungen der Minoer sind hinlänglich bekannt.
Dass
diese prachtvolle Insel aber auch eine hochaktuelle Errungenschaft des Internet hervorgebracht
hat, ist eines der Geheimnisse, auf deren Spur ich 2009 während meines
Teilzeitausstiegs in dieser prachtvollen Region gekommen bin.
Erstens
ist das Wort fílos (Freund) schlicht das
Gegenteil von xénos (Fremder). Wenn ein Kreter also jemanden wiedererkennt so
wird derselbige, da ja nicht fremd, beFreundet. Beschleunigend wirkt sich dabei
Interesse an der jeweiligen Person, sei es aus persönlichem oder auch
ökonomischen Grund.
Die
zweite Erklärung ist wesentlich komplexer:
Die Mehrzahl der Kreter und Kreterinnen ist ausgesprochen freundlich. Dankenswerter Weise auch zu Deutschstämmigen - trotz der unbeschreiblichen
Gräuel der Nationalsozialisten während des 2. Weltkriegs.
Freund-lich.
Das Wort ist Programm. Das bringt insbesondere kretische Männer dazu, bei der zweiten Begegnung
einer an sich wildfremden Person kernig auf die Schulter zu klopfen und dabei
derselbigen strahlend "Mein Freund" entgegenzuschmettern. Oder auch "My friend",
wenn des Deutschen unkundig.
Soweit,
so gut.
Nun
kommt die Wanderungsbewegung mitteleuropäischer Seniorinnen und Senioren ins
Spiel, die sich wegen mallorquinischen Platzmangels auch auf Kreta ausdehnt.
Das
vermehrte Auftreten der Spezies "Rentier" (in Deutschland für das
österreichische Wort Rentner bzw. Pensionist gebraucht) führt zu Zusammenrottungen
von Rentier-Rudel in an und für sich ohne Mithilfe überaltenden Gebieten.
Da
diese Rentier-Horden zumindest in manchen Aspekten recht anpassungsfreudig sind
– sie wollen ja "echte Kreter und Kreterinnen" sein – wurde das Ritual des
An-freundens übernommen. Deswegen verfügt jedes einzelne Individuum über eine
stattliche Anzahl von Freunden. Die Freundinnen nicht mitgerechnet.
In
Zeiten der Globalisierung und der Sammelwut wurde dieser kretische Brauch von
findigen Köpfen aufgenommen, virtualisiert und ist nun weltweit als FACEBOOK
bekannt.
Mein
allgemein bekanntes Misstrauen führt dazu, dass ich keine Freunde sammle. Die
wachsen nämlich weder in Büchern noch auf Kreta.
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