Freitag, 2. Dezember 2011

FERNMÜNDLICH

Ich liebe diese ungebetenen Telefonanrufe, bei denen ich mit Unerwünschtem beglückt werden soll. Handle es sich um Druckerpatronen, Milbenbekämpfung, Internetprovider oder zu sponsernde Polizeihundestaffeln. Mein Interesse daran ist enden wollend.

Vorgestern zum Beispiel zwitscherte mir - nach zweieinhalb Stunden Schlaf, die ich meinem Nachtarbeitspensum abringen konnte und eine satte halbe Stunde vor Weckergerassle - um Punkt neun Uhr ein quietschvergnügtes Sonnenscheinchen die Worte entgegen: "Guten Morgen, ich rufe Sie im Auftrag des Instituts XY an, (tirili) nehmen Sie an unserer Umfrage über Schlafverhalten teil?" Dieses Gespräch war im wahrsten Sinn des Wortes einsilbig. Meinerseits. Ein harsch gegrunztes NEIN genügte, um meinen Standpunkt zu klären.


Natürlich weiß ich um diese elendigen Jobs im Telefonmarketing, um die unzumutbaren Bedingungen von Massentelefonsklavenkäfighaltung. Aber für mich sind drei bis vier Anrufe pro Woche auch nicht wirklich zumutbar.

Zum Glück bin ich bewaffnet. Und zwar mit einem wunderbaren Instrument, das mir die Chance gibt, jeden noch so professionellen Redestrom zumindest so lang zum Versiegen zu bringen, dass mir der verbale Absprung höflichster Natur gelingt. Mit eingesprungenem Chuzpeberger.

Ich habe nämlich eine rauchverwöhnte Stimme. JedeR, ausnahmslos jedeR Unbekannte ist am Telefon überzeugt, einen Mann am Ohr zu haben. Manche haben, wie uns die Werbung lehrt, ein Kind im Ohr; die guten Leute an meiner imaginären Strippe sind der Meinung, einen Mann an selbigem zu haben.

Diese Gunst der Natur und der Austria Tabak GmbH nutze ich gern und oft.

Gerade hatte ich folgende Gesprächsvariante: "Guten Morgen, mein Name ist YX spreche ich mit dem Chef?" "Sie werden es nicht glauben, es soll auch Chefinnen geben - und eine davon bin ich."  Und jetzt kommt die Strophe mit Basso continuo (1) und darüber meiner Stimme im heiteren Oktavensprung (2): "Ohhhh... Stammelstammel... Ähhh..." (1) "Herzlichen Dank für Ihren Anruf, schönen Tag noch." (2). Das sonore "Klick" beim Parken meines Höhrers rundet dieses kleine Quodlibet aufs Entzückendste ab.

Nur einmal ist meine Strategie daneben gegangen. Ein junger Mann, der mir ein nicht mehr erinnerliches Produkt meiner Qual reindrucken wollte, lachte herzlich auf meine sonst so effizient als Schocker einzusetzende Richtigstellung, dass ich leiiiider eine Frau sei und kicherte, plötzlich in unprofessionellen Dialekt fallend, ins Telefon: "Ah, des kenn i. Meina Mama passiat des aa imma. Rauchn se aa?" Das anschließende Gespräch war höchst vergnüglich und handelte nur von seiner Mama und deren bevorzugter Tabakwahl.


Gut - diese elendige Telefonmarketing-Partie wäre ja kein Problem, nähme ich generell keine Anrufe mit ausgeblendeter Nummer an. Aber bei meiner Neugierde? Da verlasse ich mich doch lieber auf mein emanzipiertes Sprachtool.

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