Frau war am Osterwerk. Just zu den Feiertagen stellte sich die Koch- und Backlust wieder einmal ein. Ein perfektes Timing, um sie exzessiv zu zelebrieren. Bei der Deko jedoch war ich heuer besonders zurückhaltend. Da es gefärbte Eier während des ganzen Jahres als "Jauseneier" zu kaufen gibt, habe ich auf Naturfarbe zurückgegriffen.
Seit ewigen Zeiten hatte ich keine mehr gemacht, man bekommt sie in Österreich bei jedem Bäcker, natürlich auch in den Supermärkten. Dort in sehr unterschiedlichen Qualitäten. Ursprünglich stammt sie - laut Wikipedia - aus dem Friaul und dem Veneto. Angeblich ist sie dann über die ehemalige österreichische Grafschaft Görz (Gorizia, Friaul-Julisch Venetien, direkt an der slowenischen Grenze) nach Graz (Steiermark) gewandert und inzwischen ist sie ein traditionelles österreichisches leicht süßes Osterbrot.
Sprachlich wird sie in Österreich meist im (Majestäts-?) Plural angesprochen, sprich: Pinze. Ich gönne ihr die (italienische) Einzahl: Pinza und verwende Pinze nur im Plural. Das entspricht nicht nur sprachlich, sondern auch meiner Kindheitserinnerung.
À propos Italien... Eigentlich wollte ich ja eine Colomba pasquale machen, aber die Zeit war zu kurz, um mir einen Lievito madre (quasi den italienischen Sauerteig) anzusetzen. Das kommt nächstes Jahr, möglicher Weise aber auch zu Weihnachten in Form einer Pannetone.
Die fixe Idee habe ich aufgegebn und mich stattdessen auf die Suche nach einem Pinza-Rezept gemacht - und wurde fündig. Ich gebe das Rezept mit meinen winzigen Ergänzungen für Germteig (dt: Hefeteig) Neulinge weiter, empfehle aber den Nachbäckerinnen und -bäckern, den Link aufzurufen. Da gibt es nämlich auch ein sehr anschauliches Video. Zudem sind auf der Site von "Steirische Spezialitäten" noch einige gut klingende Rezepte zu entdecken.
GÖRZER OSTERPINZE
Rezept für 10 Pinze in Schusterlaberlgröße
Natürlich kann man die Menge auch halbieren. Aber da die Arbeits- und Aufgehzeit relativ lange ist, zahlt es sich aus, diese Menge auf 2 Blechen nacheinander zu backen. Die Pinze lassen sich gut einfrieren und eignen sich bestens als kleines Geschenk.
Zutaten
1/2 L Milch
1 KL ganzer Anis (optional) und/oder
1 Vanillestange
1 Würfel Germ, frisch (in D: Hefe)
8 dag Zucker (= 80 g)
15 dag flüssige Butter (= 150 g)
6 Dotter
1 kg glattes Mehl
1 gestrichener EL Salz
1 Ei zum Bestreichen
Eventuell
Rosinen (in Rum oder Wasser eingeweicht)
Aranzini (Orangeat, nicht üblich, aber mir sehr genehm)
HagelzuckerZubereitung
So man Anis mag, erwärmt man die Milch, fügt Anis bei, sonst nur eine aufgeschlitzte Vanilleschote, lässt das Gemisch einige Stunden ziehen, kratzt die Schote aus und seiht vor der weiteren Verarbeitung die Milch ab.
Zubereiten des Dampfl (Vorteig): Germ in eine Rührschüssel bröseln, mit einer Prise Zucker in etwas lauwarmer Milch (geht von der oben beschriebenen Masse ab) auflösen, dann ein paar Löfferl Mehl unterrühren. Mit einem Geschirrtuch bei Zimmertemperatur zugedeckt gehen lassen.
Währenddessen Dotter, Butter und Zucker mit der restlichen Milch versprudeln und anschließlich in das aufgegangene Dampfl einrühren. Mehl und Salz dazugegeben, per Kochlöffel untermischen und dann per Hand leicht kneten. Küchenmaschine ist nicht nötig, Handarbeit ist gefragt.
Danach muss der Teig zum 1. Mal gehen. Die Schüssel mit dem Geschirrtuch abdecken und in ein auf 50 Grad vorgeheiztes Backrohr schieben. Auch wenn die Temperatur hoch scheint, es funktioniert. Innerhalb ca. 1/2 Stunde geht der Teig auf die doppelte Höhe auf. Sobald dies der Fall ist, aus dem Backrohr nehmen und zusammenkneten.
Diesen Vorgang (im Backrohr aufgehen und anschließend "abschlagen" (zusammenkneten, siehe Video) so lange wiederholen, bis der dann glatte Teig sichtbar Blasen wirft. Nach dem ersten Gehen verkürzt sich die Zeit im Backrohr auf ca. 1/4 Stunde. Ich habe diese Prozedur 3x gemacht.
Es wird empfohlen, nun auf die Arbeitsfläche etwas Mehl zu streuen. Ich arbeite auf einer Niro Arbeitsplatte und da ist nichts angepickt. Die anschließenden Prozeduren gelingen mir wesentlich besser, wenn ich kein zusätzliches Mehl verwende. Ausprobieren!
Der Teig wird, wenn er den oben beschriebenen Zustand erreicht hat, noch einmal zusammengeknetet und halbiert.
Das Backrohr auf 200 Grad aufheizen.
Eine Hälfte bei Zimmertemperatur in der Schüssel abgedeckt stehen lassen. Die andere in 5 Stücke teilen, diese rundschleifen (siehe Video), auf ein entweder gefettetes oder mit Backpapier belegtes Blech legen, mit einem Geschirrtuch zudecken und noch einmal auf das Doppelte aufgehen lassen.
Danach die aufgegangenen Pinze mit gut verquirltem Ei bestreichen (ist dafür besser geeignet als Eiermilch!) und eventuell mit Hagelzucker bestreuen. Dann mit der Schere jeweils dreimal einschneiden, um das typische Pinzenaussehen zu erzeugen. Auch hier ist das Video höchst hilfreich!
Das erste Backblech einschieben (Mittelschiene) und die Temperatur auf 180 Grad zurückschalten. Die Backzeit beträgt zwischen 25 Minuten und einer halben Stunde.
Währenddessen die zweite Teighälfte wie oben beschrieben bearbeiten. Ich habe in die zweite Teighälfte vor dem Fünfteln in Rum eingelegte Rosinen (gut abgetropft) und Aranzini (Orangeat), beides kurz in etwas Mehl gewuzelt, eingearbeitet. Diese habe ich, um den RosinenverweigererInnen entgegenzukommen, nicht mit Hagelzucker bestreut. So sind sie eindeutig erkennbar.
Das Ergebnis
Ein unsagbar lockeres Gebilde, die eindeutig besten Osterpinze, die ich je gegessen (und schon gar gemacht) habe. In höchstem Maße empfehlenswert!
Von den ebenfalls durchaus gelungenen weiteren Resultaten meiner österlichen Koch- und Backlust werde ich in den nächsten Tagen berichten. Ein Brunch steht morgen noch an, eventuell bleibt mir Zeit zum Photographieren.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Über konstruktive Kommentare, Fragen und Anregungen freue ich mich!