Samstag, 1. September 2018

SAUREGURKENZEIT: SENFGURKEN UND SÜSSSAURE MELOTHRIA

Frau war wiedereinmal am saisonbedingten Einmachwerk. Die Kindersnackgurken sind erwachsen geworden, groß und reif hingen sie in Mengen am Baustahlgitter, das ihnen mit letzter Kraft Halt gab. Auch die Schlangengurken haben sich dick und fett ausgebreitet und die hübsche Melothria scabra, die mexikanische Minigurke, die erstmals Einzug in den Garten gehalten hat, hat überhaupt die Fichte über ihr als Spielplatz in luftiger Höh auserkoren.


Also auf zum Einmachen. Senfgurken wollte ich aus der schon teilweise überreifen Gurkensammlung fabrizieren und irgendetwas Süßsaures sollte aus den entzückenden mexikanischen Minigurken und auch den kleinen sogenannten Snackpaprika, einigen Cocktailparadeiserl und den ganz milden Chilis, den "Nepalese Bellpeppers", werden.


Aber vorher mussten noch Rezepte durchforstet werden, denn ich wollte klären, ob es denn nötig ist, das Einmachgut zu sterilisieren. Meine alten Kochbücher, die aber vom Einlegen in Tontöpfen ausgehen, empfehlen lediglich, den heißen Sud über die kalten Gurken zu leeren, die Prozedur am nächsten Tag zu wiederholen und danach die Töpfe mit Cellophan zu verschließen. Melothria kennen auch sie nicht. Die sind übrigens die daumennagelgroßen Verwandten der riesigen Melonentrümmer, die ich (s.u.) auf einem kretischen Markt photographiert habe.


Aktuelle Rezepte tendieren zur Empfehlung, entweder Einsiedehilfe zu verwenden (was ich nicht will) oder aber im Einkochautomat (den ich nicht habe) oder im Backrohr eine Runde Wärme zu spendieren.

Die letztes Jahr im Backofen sterilisierten Snacksenfgurken waren durchaus zufriedenstellend, aber ein bissl knackiger hätte ich sie noch lieber gehabt.


Schließlich bin ich bei den Senfgurken einen Mittelweg gegangen und bei den Melothria, die eine relativ feste Schale haben, habe ich ein wenig den Backofen bemüht.


Ich habe weder die Gurken noch die Melothria abgewogen und absichtlich relativ viel, sprich zu viel, Essigsud bereitet. Nichts ärgerlicher, als wenn man mitten im Einkochprozess merkt, dass zu wenig Sud vorhanden ist. Alles schon einmal dagewesen... Den übrig gebliebenen Sud hebe ich im Kühlschrank auf und entweder verwende ich ihn bei der nächsten Partie Senfgurken - oder als Basis für die Vinaigrette (dtdt: Salatsauce, auch Marinade genannt).


Die wesentlichste Erkenntis meiner Recherche jedoch bezieht sich auf das Sterilisieren der Gläser
Nachdem sie penibel von eventuellen Speiseresten befreit und im Geschirrspüler gründlich gesäubert sind, stelle ich sie ohne Wasser! für 10 Minuten bei 130 Grad Umluft in den Backofen. Das erspart die Kalkränder nach dem Auskochen und die eine oder andere Brandblase auf den Händen. Laut mehreren vertrauenswürdigen Quellen ist das eine verlässliche Methode und auf alle Fälle ab jetzt die Methode meiner Wahl. Die Deckel und Gummis koche ich nach wie vor am Herd 10 Minuten aus, wobei ich einen Spritzer Essig oder etwas Zitronensäure zur Kalkfilmvermeidung ins Wasser gebe.


Die Zusammenstellung der Früchte / des Gemüses bleibt ebenso der eigenen Phantasie bzw. dem vorhandenen Vorrat oder Reifegrad des angebauten Gemüses überlassen wie die Abstimmung der Gewürze. Auch die Art des Zuckers bzw der Süße ist nebensächlich. Diese/r dient ausschließlich der Geschmacksverbesserung, nicht dem Konservieren. Ich werde bei meinen nächsten Einmachorgien mit Honig und Hollersirup experimentieren.

Nur die Relation der Flüssigkeiten muss stimmen. 
Ich gebe hier wieder, was ich (diesmal), weil gerade reif, verwendet habe.


SÜSSSAURE SENFGURKEN
  • ca. 2 kg reife Gurken
  • 3 EL Salz
Sud
  • 1 daumenlanges Stück frischer Kren (dtdt: Meerrettich)
  • 6 mittelgroße Schalotten
  • 3 EL gelbe Senfkörner
  • für jedes Glas 1 kleines Lorbeerblatt
  • für jedes Glas 1 Stück Orangenschale, unbehandelt, getrocknet oder frisch
  • etwas Vanillemark oder eine Vanillestange
  • 750 ml Weißwein oder Einlegeessig (5% Säure)
  • 750 ml Wasser und Gurkensaft
  • 30 dkg (300 g) Braunzucker / Rohrrohzucker
  • Etwas frisches Dillkraut
Zubereitung

Gurken schälen, halbieren und die Kerne gut mit einem Löffel oder Eisportionierer etc. auskratzen. In ca. 2-3 cm dicke Scheiben schneiden und in einer Glasschüssel mit 3 EL Salz übergießen. Gut durchschütteln, damit das Salz verteilt wird. 12-24 Stunden stehen lassen.

Wenn die Gurken gut durchgezogen haben, die Gurkenstücke abseihen und den Saft auffangen.


Kren schälen und in dünne Scheiben schneiden, das geht bestens mit einer festen Gurkenreibe. Schalotten ebenfalls schälen und entweder auch in Scheiben schneiden oder längs achteln.


Den aufgefangenen Gurkensaft mit Wasser auf 750 ml auffüllen, alle Gewürze außer dem Dill (dtdt: der Dille) beifügen und zugedeckt einige Minuten kochen lassen. Es soll nicht zu viel Wasser verdampfen, sonst stimmt die Relation Essig:Gurkenwasser nicht.

Nach einigen Minuten den Essig dazuleeren, kurz aufkochen lassen. Gewürze mit Lochkelle rausfischen und zur Seite stellen.


Die Gurken portionsweise im wieder aufgekochten Sud ca. 3 Minuten kochen. Rausfischen und zur Seite stellen.

Nun die Gurkenstückchen abwechselnd mit den mitgekochten Gewürzen und etwas Dill in Gläser schichten.

Den Sud aufkochen und brodelnd über die Gurken und Gewürze leeren. Sofort die Gläser mit Schraubdeckel verschließen. Das wohlige "Klack", das das Entstehen des gewünschten Vakuums signalisiert, genießen.
Dunkel und kühl lagern und vor dem Verzehr mindestens 3 Wochen durchziehen lassen. Sollte, falls nicht vorher aufgegessen, im geschlossenen Glas mindestens ein Jahr halten.



MELOTHRIA SÜSSSAUER UND BUNT

Insgesamt ca. 1 kg
    • Melothria
    • einige Cocktailparadeiser (dtdt.: -Tomaten) 
    • einige rote "Snackpaprika" und "Nepalese Bellpeppers"
    • Knoblauchzehen (für 0.25 Liter Gläser je 2 Knoblauchzehen)
     

    Sud
    • 1/2 TL dunkle Senfkörner
    • 3/4 TL gelbe Senfkörner
    • 1 Stück frischer Ingwer (ca. 2x2 cm), geschält, in dünnen Scheiben
    • 1/2 TL Pfefferkörner
    • 1/2 TL Wacholderbeeren
    • etwas geriebene Vanille
    • 1/2 KL Koriander (Samen)
    • 8-10 dkg brauner (karamellisierter) Zucker
    • 400 ml Einlegeessig, bio (5% Säure)
    • 400 ml Wasser 


    Die gewaschenen Früchte putzen: Blütenansatz der Melothria, Stielansätze der Paprika und Paradeiser und das Kerngehäuse der halbierten Paprika entfernen. Knoblauch schälen, eventuell die Zehen halbieren. Die Schale des Ingwers mit einem Kaffeelöffel abschaben, feine Scheiben schneiden.


    Alles dicht an dicht in die vorbereiteten, sterilisierten (s.o.) Gläser füllen.

    Das Wasser mit den Gewürzen ordentlich aufkochen lassen (dabei zudecken, damit die Relation Essig:Wasser stimmt), danach Essig dazu und dann nur mehr einmal kurz aufkochen.

    Den kochend heißen Sud über die Früchte leeren, diese müssen vollständig bedeckt sein. Sofort mit Deckel verschließen.

    Auf einem Rost im Backrohr bei 90 Grad Umluft 30 Minuten sterilisieren.
    Auskühlen lassen, auf das Entstehen des Vakuums ("Klack") achten und kühl und trocken lagern.

    3 Wochen Zeit zum Durchziehen geben, um den vollen Genuss zu haben.
    Haltbarkeit: Mindestens 1 Jahr im geschlossenen Glas.


    Das war also meine erste Einkochrunde. Eine kleine Runde, schnell erledigt. Jetzt warten noch ein Kübel Äpfel, die mir eine liebe Nachbarin vor die Türe gestellt hat, und diverse kleinere Mengen von Obst, das ich voreilig gekauft habe, darauf, haltbar gemacht zu werden.


    Zum Glück beschert mir der Kaltwettereinbruch und der damit einhergehende Wachstums- und Reifestop eine Verschnaufpause beim eigenen Gemüse. So kann ich noch überlegen, was ich mit den zu erwartenden größeren Mengen an Paradeisern, Paprika und Chili, der nächsten Gurkenwelle, dem Mangold und den Physalis machen soll.


    Wenn es denn irgendwann wieder aufhört zu regnen und so kalt zu sein, dann werde ich die hohe Leiter rauschleppen, damit ich die zahllosen Früchte der Melothria und auch die in den oberen Regionen wachsenden Paradeiser überhaupt erreichen kann. Freu mich schon auf die frühherbstliche Gärtnerinnengymnastik. Denn ich mag meine etwas eigenartige Interpretation des Wortes Sauregurkenzeit. Zumindest, wenn sie nicht in Einmachorgien ausufert.

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