Sonntag, 2. September 2018

HÖCHSTE ZEIT: SOUND OF SALZBURG

Frau war in den letzten Wochen am Stadtführungswerk. Freunde hatten sich erstmals nach Salzburg begeben und wollten so viel wie möglich von der Stadt und deren Umgebung sehen. Eine Herausforderung zu einer Zeit, während der man Gefahr läuft, von Tourimassen niedergetrampelt oder von Handysticks erstochen zu werden.


Also waren die Geheimtipps der Eingeborenen, denen ich angehöre, gefragt. Die Wasserspiele im wunderschönen Schloss Hellbrunn waren genausowenig Ausflugsziel wie all jene Orte, die von den unzähligen Bussen der Sound of Music Tours angepeilt werden.


Am Abend aber, wenn die Busse geparkt und die Touristenhorden abgefüttert werden, ist es dann schon wieder möglich, sich zB zum Leopoldskroner Weiher zu begeben und einen Blick zum Schloss Leopoldskron zu werfen. 


Dessen Beliebtheit bei zahllosen SalzburgbesucherInnen entspringt nicht vielleicht dem Interesse an Architektur oder an Max Reinhardt, einem der früheren Besitzer. Weit gefehlt! Hier wurden Außenaufnahmen von Sound of Music gedreht. Familie Trapp bewohnte im Film die Fronburg nahe Hellbrunn und wenn sie das Haus verließen, waren sie schwuppdiwupp vor dem Schloss Leopoldskron.


Das größtenteils sonnige und heiße Wetter war natürlich für die Ausflugsplanung mitbestimmend. Raus aus der Stadt, hin zu möglichst kühlen Orten. Die im Süden der Stadt liegende Glasenbachklamm ist dabei die erste, hervorragende Adresse.


Nicht nur, dass hier ein Mikroklima trotz Hitzewelle angenehme Temperatur bietet, sie ist vor allem für erdgeschichtlich Interessierte ein Juwel. Schautafeln bieten Wissenswertes zur Entstehung der Alpen und mit ein bissl Glück kann man Fossilien finden.


Obwohl auch das nahe Salzkammergut mit seinen wunderbaren Seen im Sommer heillos überrannt ist, kann man auch dort Ruhe finden. Zum Beispiel bei der Besichtigung des Altars von Michael Pacher in der Kirche von St. Wolfgang. Das Weiße Rössl mögen andere besichtigen.




Angesichts dieser Bau- und Holzschnitzkunst vergisst man rasch die wahrscheinlich größtenteils in Asien hergestellten Scheußlichkeiten, die in den überquellenden Souvenirshops angeboten werden.



Nach dem Durchschreiten des trubeligen Ortes tut am Rückweg die Stille in der Plötz wieder besonders gut. Die einen oder anderen Wanderer trifft man, meistens Einheimische. 


Wenn man faul ist, kann man innerhalb von 5 Minuten 5 Mühlen sehen, nach weiteren 5 Minuten und diversen natürlichen Schwimmbecken für Abgehärtete, die das eiskalte Wasser nicht scheuen, hat man dann einen beeindruckenden Wasserfall erreicht. Er ist sogar nach einem wasserarmen Sommer wie diesem beeinddruckend.


Um doch einiges von der Stadt zu genießen, empfiehlt sich während der Hochsaison (und während Hitzeperioden) der eine oder andere Bummel in aller Früh. 


Oder aber am Abend ein Rundgang mit dem Ziel Kapitelplatz. Dort werden nämlich während der Festspielzeit Produktionen der Salzburger Festspiele auf riesiger Leindwand gezeigt.


Sowohl aktuelle Opern- und Theaterproduktionen als auch Highlights der vergangenen Jahre ziehen ein wunderbar gemischtes Publikum an. 


Der Kinderwagen ist ebenso vertreten wie der Rollator, Einheimische ebenso wie Touristen und die zahllosen Studierenden der Sommerakademien für Musik und für Bildende Kunst erliegen dem Reiz der Vorstellungen in beeindruckendem Ambiente.


Eine wunderbare Sache war auch das Fest zur Eröffung der Salzburger Festspiele. Hier wird allen Geschmäckern etwas geboten, von der Volksmusik über Theater bis zum Jazz.


Wenn sich in den Niederungen der Festspielstadt zu viele Menschen wuzeln, dann bleibt einem immer noch der Blick nach oben. Kirchtürme wohin immer man schaut. Man kann ihnen nicht entgehen.


Eine Alternative ist der Blick von oben. Zum Beispiel vom Gaisberg, dem mit 1287 m höchsten Hausberg Salzburgs, der auch Paragleiterherzen höher schlagen lässt.


Auch Liebhaber der alpinen Flora kommen auf ihre - in diesem Fall spätsommerlichen - Kosten.


Abends bietet er dann Platz für die ruhesuchenden Einheimischen, die nach der Arbeit den an diesem Tag eingeschränkten Ausblick genießen.


Oder man begibt sich nach Maria Plain, wo man beim Rundgang um den Plainberg kaum jemanden trifft...


...und die nächste (Wallfahrts-)Kirche besichtigen kann.


Auch die Kirche des Klosters Nonnberg ist einen Besuch wert. Wenn nicht gerade die johlenden Gruppen der "Fräulein Maria's Bicycletours" die Stille durchbrechen.


Ernsthaft, die gibt es wirklich und sie erfreuen sich anscheinend besonders bei sangesfreudigen TrappfilmfreundInnen großer Beliebtheit. Die kurven oft auf ihren Rädern durch die ansonsten stille Nonnberggasse und gröhlen aus Herzenslust "Do-re-mi" oder einen anderen Ohrwurm. Wahrscheinlich, um ihre Angst vor dem holprigen Katzenkopfpflaster, über das sie bergab brausen, zu besänftigen.


Diesmal hatten wir Glück, es war keine dieser Gruppen vor Ort. Aber ich hab auch keine Bilder gemacht, daher greife ich auf mein Archiv zurück. Gehe ja öfter diesen Weg, der "Hoher Weg" heißt und den Festungsberg mit dem natürlich ebenfalls von uns begangenen, aber diesmal nicht dokumentierten Mönchsberg verbindet.


Einen anderen Hausberg haben wir auch bestiegen. Den Kapuzinerberg, der mitten aus der Stadt herauswächst. Ein paar Schritte nur, dann ist man im Wald, in dem man mit etwas Glück (das wir nicht hatten) die dort lebenden Gemsen antreffen kann.


Der Blick auf Florales ist da leichter zu erhaschen, zum Beispiel auf die spätsommerlichen Zyklamen.


Nach dem Paschinger Schlössl, das Stefan Zweig vor seiner Flucht aus dem nationalsozialistischen Österreich bewohnt hat, kommt man an der von Josef Zenzmaier geschaffenen Büste Zweigs vorbei.


Danach kann man sich entscheiden, ob man pomali (gemächlich) weiter gehen will, oder doch das unwegsame Gelände entlang der Stadtmauer bevorzugt. Wir haben uns für ersteres entschieden.


Nach dem nicht übermäßig anstrengenden Aufstieg kann man sich im Gastgarten des Franziskischlössls (hier ein spätherbstliches Archivbild) ausrasten und für den Blick auf die Stadt beim Abstieg wappnen.


Wir haben noch viele Ausflüge, Besichtigungen, Museums-, Konzertbesuche und Spaziergänge gemacht, aber wer will schon dauernd photographieren. Naja, gewollt hätt ich schon, aber Photowalks kann ich ja jederzeit machen, mit lieben, in der Ferne lebenden FreundInnen gemeinsam was zu erleben, geht leider nicht jederzeit. Da hat die Kamera Pause.


Gleich am Fuß des Kapuzinerbergs ist eine weitere Oase der Ruhe, der Sebastiansfriedhof. Seit Jahren fanden dort keine Beerdigungen mehr statt, in letzter Zeit machen sich aber Menschen dafür stark, dass er (und ich liebe diesen Ausdruck) wieder "bestorben" wird. "Belebt" wäre ja wirklich ein verbaler Fehlgriff.


Hier ist übrigens auch das Grab Leopold Mozarts. Das erwähne ich, damit ich zumindest einmal in diesem Salzburg-Bericht den Namen Mozart schreibe. Was sein muss, muss sein. ;-)


Es ist also möglich, dem fatalen, aber der Stadt durchaus Gewinn bringenden Massentourismus, sogar den für mich unsäglichen Sound of Music Tours auch während der "höchsten Zeit", der Hochsaison, zu entkommen. Der omnipräsenten kirchlichen Historie der Stadt jedoch nicht. Die hat die Stadt geprägt, hat der Stadt ihr Aussehen gegeben. Denn nicht nur die zahlreichen Kirchen und Klöster, auch die Burgen und meisten Schlösser wurden im Auftrag der diversen Fürsterzbischöfe oder anderer sogenannter kirchlicher Würdenträger erbaut. 


Deshalb liest sich der Bericht über einen Spaziergang in Salzburg auch wie ein Kirchenführer. Im frühlingshaften Bild oben, vom Kapitelplatz aus aufgenommen, übrigens das Erzbischöfliche Palais vor der Festung Hohensalzburg, dem Wahrzeichen der Stadt.


Jetzt, wenn es ruhiger wird in Stadt und Land, werde ich mich wieder an die Seen begeben. Schön ist es ja doch hier und es gibt so viel unterschiedliche Musik, deren Sound man genießen kann. Muss ja (zum Glück) nicht dieser ganz bestimmter "Sound of Music" sein.

PS: Oder ich begebe mich in andere schöne Städte und verstopfe dort als Touristin die Straßen. Der Erkenntnis meines eigenen Touridaseins wegen rege ich mich auch über die Touriströme nicht auf, aber ich versuche, ihnen möglichst zu entgehen. Hier und anderswo.

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