Dienstag, 9. September 2014

SPIELZEUGWERKSTATT: BASSGEIGE

Frau ist heute am Dauerwerk. Ein zweites akustisches Spielzeug ist soeben fertig geworden, ein Gemeinschaftswerk mit dem geschickten Mann, der hinter jeder geschickten Frau steht. Stehen sollte. Und hier ist sie, die Bassgeige aus Eigenproduktion.


Optisch zugegebener Weise nicht berückend, aber ganz hübsch im Ton. Und nicht aufdringlich, was für Elternohren angenehm ist und die Bassgeige zum optimalen Geschenk werden lässt, bei dem man vor Rachegedanken genervter Eltern sicher ist. Man kann eine (noch) einfachere Verson auch mit größeren Kindern basteln, wir haben uns für das Luxusmodell aus Erwachsenenhand entschieden.

Nun zum Rezept. Man nehme
  • Eine Blechdose. Nicht zu groß und nicht zu klein, in Relation zur Größe des Kindes. Uns war kein Opfer zu groß und wir haben uns herabgelassen, eine Kilodose Ravioli zu kaufen. Das war die einzige Kilodose, derer wir am Sonntag Nachmittag habhaft werden konnten und die leicht rötliche Färbung und der noch nicht ganz verschwundene Geruch legen Zeugnis für den ehemaligen Inhalt ab.
  • Einen Bambusstab mit mindestens ca. 1 bis 1,5 cm Durchmesser. Natürlich geht es auch mit Ästen aus der Natur, aber die sind weder so gerade noch so leicht zu bearbeiten noch hohl (was sich als sehr praktisch herausgestellt hat). 
    • Davon werden zwei Stücke benötigt, die etwas länger als der Durchmesser der Dose sind 
    • und ein etwas kürzeres als "Griff" für die Saitenführung. 
    • Es empfiehlt sich auch, einen 1 cm dicken Ring zur Befestigung der Saite in der Dose vorzubereiten.
  • Einen leicht gekrümmten Ast für den Bogen, in unserem Fall der Abfall des gestrigen gärtnerischen Ahornschneideprogramms.
  • Schnur für die Verbindung der beiden Bambusstäbe der Fußverankerung. Dafür haben wir Spagat genommen. Schön und relativ reißfest.
  • Schnur für die Saite und die Bogenbespannung. Wir haben uns für zwei unterschiedliche Nylonschnüre entschieden. Den Grund dafür lesen Sie weiter unten.

Als Werkzeug sind Drillbohrer oder besser eine Bohrmaschine, Schnitzmesser, Flachzange und eine gute Schere nötig. Ein "schnelldrehendes Multifunktionswerkzeug" (vulgo Dremel) ist nützlich.


Making of Bassgeige

Nach dem Auswaschen der Dose und dem Entfernen des Papiers und des Klebers (geht mit Föhn bestens!) habe ich den scharfen Rand mit einer Flachzange sorgfältig umgebogen, damit nirgends scharfe Kanten Verletzungen verursachen können. 

Danach wurden per Bohrmaschine die beiden Löcher gebohrt, durch die später die Führung für die Fußverankerung geschoben wird. Anschließend muss man auch hier mit dem Feinwerkzeug penibel glätten.

Vor dem Einschieben dieser Bambusstücke wird ein feines Loch in Fadenstärke in den Dosenboden gebohrt für die Führung der Saite. Die habe ich in der Dose an dem vorbereiteten Bambusringerl festgeknotet, damit sie gut hält. Außerdem sollte man sie so lang wählen, dass man sie bei Geschenksübergabe der Größe der Kinder anpassen kann.

Jetzt zum Bambus. Nach dem ersten, oben abgebildeten Versuch haben wir uns entschlossen, doch ein Stück des Bambusstabes zu nehmen, das keine Verdickung aufweist, denn die sorgt zwar für eine hohe Belastungsfähigkeit, aber der Stab ist dort verschlossen. 

Die "eleganteste" Führung der Schnur der im unteren Bild gezeigten Fußverankerung, aber auch für den Saitengriff, schien uns jene durch die Bambusstücke mit dickem Spagat. Wieder extrem gut verknotet und bei der Schnittstelle zusätzlich mit einem Tupfer (Heiß-)Klebstoff fixiert.


Als Bogen dient bei unserem Instrument ein leicht gekrümmter Ast des Ahorns. Vorsicht übrigens bei Essigbaum, der hat zwar gelegentlich die perfekte Bogenform, sein Holz ist aber leicht giftig und zudem zu spröde. Schälen muss man den Ast nicht, das war unsere Fleißarbeit.

In den Ast werden oben und unten mittig, die Richtung der Krümmung beachtend, Löcher in Dicke der verwendeten Schnur gebohrt und diese gut befestigt. Ich habe "Überlänge" gewählt und die Bogenbespannung so verknotet, dass sie fest, aber leicht nachzuspannen ist, was sich im nicht gerade schonungsvollen Gebrauch als sinnvoll erwiesen hat.


Beim Material für Bogen und Saite haben wir länger probiert. Metall, Spagat, Nylon. Letzteres und zwar in zwei unterschiedlichen Dicken und Materialien hat den besten Ton gegeben. Die Saite ist aus 1 mm dickem "Dekorationsfaden", die Bogenbespannung aus dem gleichen Material, 1,5 mm dick. Und grün, was sofort vom Beschenkten positiv vermerkt wurde.


Jetzt wäre natürlich ein Bild mit einem glücklich fiedelnden Kind gefragt, damit kann ich leider nicht dienen.

Aber wir haben nachgestellt, wie sie gespielt wird, die Kinderbassgeige. Leider müssen Sie ganz genau schauen, um dieses Bild zu verstehen. 

Der Fuß (unter der Dose zu erahnen) spannt den Resonanzkörper, die Dose, und aus dieser kommt die Saite, die durch das Handstück (rechts, unscharf mit kaum zu erkennender Hand) gestrafft wird. 

Die Tonhöhe richtet sich natürlich (auch) nach der Intensität des Straffens. Übrigens klingt dieses Instrument der einfachen Art gezupft fast noch schöner als gestrichen. 

Alles in allem also bestens geeignet für die nächste Jam Session. Viel Vergnügen damit!

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