Montag, 2. November 2020

BESCHÄFTIGUNGSTHERAPIE ZWISCHEN GARTEN UND KÜCHE

Frau ist irgendwie am Rechtfertigungswerk, vor allem vor sich selbst. Dieser Blog hat ja im Grunde eine gewisse Tagebuchfunktion und ich schreibe auch mit Vergnügen und stelle meine Bilder dazu. Aber dieses Jahr, in dem man doch annehmen sollte, dass jede Menge Zeit totzuschlagen... äh... zur Verfügung gewesen wäre, sind die Abstände zwischen den Einträgen erklecklich, was mir nicht wirklich nachvollziehbar war.

Anhand meiner leider total unaufregenden, teilweise sogar nur mit dem Handy produzierten Photos habe ich gerade den Oktober rekonstruiert und die Erklärung für meine Blogabsenz gefunden. Das führe ich Ihnen im Zeitraffer vor Augen. Das eine oder andere werde ich in nächster Zeit vielleicht etwas "vertiefen". Mit Betonung auf vielleicht. 

Was jetzt auf Sie zukommt, ist mein höchst persönlicher "Therapieplan", der mich (meist) quietschfidel durch diese eigenartige Zeit bringt.

Im Grunde hat es zwei Hauptaufhaltsorte für mich gegeben: Garten und Küche, von der Häufigkeit eher in umgekehrter Reihenfolge zu nennen. Nur selten habe ich im Büro weiter an der Archivierung der alten Photos und Dokumente gearbeitet, auch mein HÖR:BILDER-Projekt, dessen ersten und zweiten Teil ich bei youtube eingestellt habe, dümpelt seit Anfang April (!) vor sich hin. Obwohl ich so viel Freude daran habe und dem lieben Heli Punzenberger, der seine Musik zu meinen Photos stellt, von Herzen für sein Engagement und seine Großzügigkeit dankbar bin.

Aber nein. Ich hab mich mit ganz anderen Dingen beschäftigt: Beginnen wir mit den Küchenaktivitäten. 

Einerseits habe ich jede Menge unterschiedlichsten Brotes gebacken - auf diese originelle Idee ist ja sonst überhaupt niemand gekommen -, andererseits habe ich wie die Wilde eingemacht. Eingekocht, milchsauer eingelegt (heutzutage viel flotter als "fermentiert" bezeichnet), eine Essigmutter gezüchtet und damit Essig und Senfkaviar produziert, dann noch Säfte, Sirup (Sirüpper?), Gelees und Marmeladen zubereitet und darüber hinaus noch Angsetzte (= angesetzter Likör), Kräutersalze und -pasten, Chutneys, Gemüsesuppenextrakt und was es sonst noch Feines gibt. Größtenteils aus selbst gezogenem Gemüse und Obst, aber durchaus mit Zugekauftem, wie zum Beispiel bei meinem wunderbaren milchsauer eingelegten Gemüse. In den kleinen Gläsern ist übrigens Stangenselleriesalz.

Dann waren natürlich wieder die Quitten einzukochen. Kein Jahr ohne Quittenkas, auch Quittenbrot, Quittenkonfekt, in Spanien Dulce de membrillo und in Italien Cotognata genannt. Mit einer umwerfenden Neuerung: Meine Lieblingsmenschen haben mich mit einer brotteigtauglichen Küchenmaschine überrascht, die per Induktion auch kocht. 

Was ich eigentlich immer als unnotwendig empfunden hatte, stellt sich als wahrer Segen heraus: Bin ich sonst tagelang in der Küche gestanden, um Massen von Quitten rührend einzukochen, leere ich jetzt das Quittenpüree samt Zucker in die Schüssel der Küchenmaschine und lasse sie gschafteln (in D würde man wohl sagen: mal machen). Ein wahres Glück, dass die Obstsaison vorbei ist, denn sonst wäre ALLES zu Mus und darüber hinaus eingekocht worden. Zwetschken waren schon die ersten Opfer. Köstlich!

Die hochprofessionelle Fixierung der Zuschüttklappe per Küchengarn gehört übrigens der Vergangenheit an. Bin draufgekommen, dass ich die Schüsselabdeckung am besten weglasse, damit der Dampf so direkt wie möglich entweichen kann.

Bei jeder Quittenpartie fällt ja bekanntlich Saft an, der dann jedesmal zu Sirup eingekocht wurde. Mit Gewürzen und ohne und auf speziellen Wunsch wieder 1:1 gemischt mit Ananassaft. Diesmal aber mit Sirupzucker (auch den habe ich ewig verkannt, das ist aber ein eigenes Thema).

Der Zitronen-Ingwersirup ist übrigens einem Fehlkauf geschuldet, die vorne liegenden Zitronen einem Sturm im eigenen Garten, die photographische Dokumentation kommt später.

Ja und dann natürlich Brot, immer wieder Brot, wöchentlich mindestens ein mal. Aus Weizen, Dinkel, Einkorn, Emmer, Roggen, Laufener Landweizen, natürlich alles bio und von einer Mühle ganz in meiner Nähe bezogen. Zufriedenstellender gehts wohl nicht.

Natürlich mit Sauerteig, sogar zwei Sauerteigen. Einen Lievito Madre, das ist ein fester italienischer Weizensauerteig; über dessen (Auf-)Zucht habe ich letztes Jahr im frühen Herbst berichtet. Und damit der nicht so allein im Kühlschrank ausharren muss, habe ich ihm als Spielgesellen noch einen Roggensauerteig zur Seite gestellt. Inzwischen ist aber LiaMaria, wie ich die triebstarke Italienerin genannt habe, ziemlich übermütig. Vor allem, wenn ich ihr (wie heute) wider besseres Wissen ein zu kleines Glas für eine wegen anstehender Großbackerei vervielfachte Menge zur Verfügung stelle.

Die Allerheiligenstriezel, die im oberen Bild zu sehen sind, habe ich aus Zeitgründen ganz unspörtlich mit Germ (in D und der Schweiz unter Hefe geläufig) gemacht. Hätten Striezel mit 6 Strängen werden sollen, das hat mich aber intellektuell bei weitem überfordert, deshalb habe ich nach einigen verzweifelten Versuchen einfach jeweils zwei Stränge zusammengepappt. Daher die eigenwillige Optik. Da gibt es durchaus noch Verbesserungspotenzial, der Geschmack und die Konsistenz waren aber perfekt.

Um die Nachwärme (äußerst!) sinnvoll zu nutzen, habe ich zB Snickerdoodles gebacken. Es war ihnen leider kein langes Leben gegönnt. Zu gut.

Das selbe Schicksal erleiden auch die Kanelboller regelmäßig, die herzallerliebsten und sauguten Zimtschnecken in französischer schnörkeliger Machart. Deswegen werden sie immer wieder produziert, die Nachfrage ist rege. 

Der Platz in meiner nicht wirkich kleinen Küche wird so langsam eng, denn neben den jeweils gerade produzierten Gutsis trocknen die beiden Quittenkasplatten ebenso vor sich hin, wie das Altbrot, das wieder verbacken wird. 

Nicht zu sehen, weil in der anderen Küchenecke befindlich, sind ausgebreiteter Kaffeesatz und gestückelte Bananenschalen, die in staubtrockenen Zustand gebracht und so für ihren Düngeeinsatz im Frühling vorbereitet werden. In einem der kleinen weißen Schüsserl neben den Sirupflaschen befindet sich eine Portion Walnüsse (in CH Baumnüsse), die vollkommen wassergetränkt vom Baum plumpsen und sofort eingesammelt und geknackt werden müssen, um nicht zu schimmeln. Herzig sind sie manchmal.

Da ich vor einiger Zeit festgestellt habe, dass es eine Schande ist, dass ich zwar dauernd in der Küche stehe, aber trotz meines Wissens um den Wert qualitätvoller und gesunder Nahrung kaum Mahlzeiten für mich zubereite, bin ich dabei, mich zu bessern.

Da gibt es dann zum Beispiel (tagelang!) Shepherd's Pie (s.o.) oder eine freie Interpretation eines Rezepts aus der New York Times, bei dem ich den wesentlichen Bestandteil, nämlich die zum Zubereitungszeitpunkt nicht vorhandenen Melanzane (in D: Aubergine), weggelassen habe. Dafür sind reichlich Karotten drin und nebst diversen Gewürzen auch Paprika und Lauch, Kritharaki (die kleinen Nudeln, die wie Reis aussehen, in Italien zB Orzo oder Risi genannt) und rote Linsen. Dazu eine Joghurt-Knofel-Sauce und drüber jede Menge Grün vom Staudensellerie.

À propos Staudensellerie. Der ist das einzige Gemüse, das dieses Jahr trotz der Dauerberegnung und der damit einhergehenden Schneckenplage wirklich wunderbar geworden und reichlich zu ernten ist. Ein Teil steht noch immer im Beet, frisch und knackig, so, wie wir's haben wollen. Die paar Schneckenfraßstellen sind - in Relation zu den mehr als 40 Salaten und all den anderen Köstlichkeiten, die die Biester ratzeputz vertilgt haben - schlicht zu vernachlässigen.

Jetzt endlich in meinem Bericht im Garten angekommen, muss ich Ihnen die Überraschung zeigen, die mich Anfang des Monats Oktober morgendlich rasch und nachhaltig wach bekommen hat und die ich weiter oben erwähnt habe. Musste halt einiges zurückschneiden, was den derzeit bevorstehenden Wintergartenumzug der Pflanzen eindeutig erleichtert. Wer es war? Der Wind, der Wind, das himmlische Kind.

Aber jetzt zu den erfreulichen Gartennews. Der türkische Gewürzpaprika trotzt erstaunlich erfolgreich den doch nicht mehr ganz kuscheligen Temperaturen und ist während des Oktobers noch hold errötet. Habe ihn erst gestern, sprich am 31. Oktober, geerntet und es sind noch einige grüne Exemplare am Strauch, die aber keine Chance mehr auf Farbänderung haben.

Nachdem die Schnecken sich größtenteils zurückgezogen haben, breitet sich der Radicchio so wie der nicht abgebildete Frisée endlich aus. Auch habe ich jetzt zum ersten Mal in diesem Jahr eine nennenswerte, naja, sagen wir lieber: erwähnenswerte Menge Rucola. Meine Schnecken stehen offensichtlich auch auf Bitteres.

Die Regenfälle der letzten Oktoberwoche haben den Herbstastern sehr zugesetzt, sie waren davor noch so wunderschön. Die Bienen haben sich in Massen drauf gestürzt, was bildlich festzuhalten mir kaum möglich ist. Sie müssen mir einfach glauben, dass es da summt und surrt. Nur der orange Ventilator im Bildhintergrund, der einst meinen Rechner kühlte, surrt nicht mehr.

Auch die Verbena bonariensis ist ein beliebter Lande- und Picknickplatz für  Bienen, Schwebfliegen und anderes summendes Getier.

Worüber sich diese Kleinflieger aber in Massen stürzen, ist der Efeu. Der Duft ist betörend und wenn ich aus der Haustüre rausgeh, bin ich umschwirrt von Bienen, von denen auch in diesem Bild einige zu sehen wären, würde man sie suchen.

Die Vogerl sind auch heftig unterwegs und die neuen Futterstellen, die nach dem unvermeidbaren Fällen der riesigen Fichte erst gefunden werden mussten, sind rege besucht. Da gibts keinen Lockdown, am Bild leider auch keinen Vogel, dafür einen Kleiderhaken.

Gleich geblieben ist die Ausspeisung an der Rambler Rose Bobby James. Dessen herzallerliebste winzige Hagebutten sind vor allem bei den Maisen höchst beliebt, weshalb diese Rose nicht nur in meinem Garten an den unterschiedlichsten Stellen insgesamt vier Mal herumkraxelt, sondern auch in den Nachbargärten. Die Vögel haben eindeutig eine gute Verdauung und hinterlassen deren Produkte nicht an der Futterstelle. So gehört sich's.

Auf der Rose sitzt auch gern der Kleine Fuchs, der oft tagelang in den Wintergarten kommt, dort mit Zuckerwasser gefüttert wird und sich bei Schönwetter wieder in freier Wildbahn tummelt. Inzwischen rastet er am liebsten an windgeschützten und von der Sonne aufgewärmten Stellen.

Den Igeln habe ich neue Winterquartiere angelegt und gestern Nacht war am unten gezeigten Igelhaus lautes Gekramschle zu hören. Familie Igel ist aber leider sehr photoscheu.

Diesen Oktoberrückblick abschließend (oder wollen Sie noch Brotphotos sehen? hihi) habe ich noch eine absolute Neuigkeit: mein keyhole bed. Gebaut aus Ziegeln eines Abbruchhauses, gestern mit divesen Materialien aus dem Garten befüllt und heute eingeweiht.

Jetzt dient es einigen Kräutern als Winterquartier und die weißen Sandmarkierungen zeigen, wo ich heute Zwiebel und Knoblauch versenkt habe.

Oje. Wiedereinmal ist es mir gelungen, einen elendslangen (um nicht zu sagen: unzumutbaren) Blogeintrag zu fabrizieren. Bevor ich Sie, meine treuen LeserInnen, verliere, höre ich lieber sofort mit dem Schreiben auf. Rezepte gibt es nächstes Mal, demnächst werde ich Sie auch durchs oder zumindest ins und übers Schlüsselloch schauen lassen. Ist nämlich eine spannende Sache!

Wann das jedoch sein wird, kann ich noch nicht sagen. Denn ich muss meine Therapie weiter durchziehen, Beschäftigung ist für mich in Zeiten wie diesen essenziell und Gartenarbeit und Kochen haben mir immer schon Spaß gemacht und außerdem muss ich noch die MNS-Winterkollektion nähen. Auch ganz lustig, mache ich auch gern.

So wie das Photographieren und das Flöten und das Sprachenlernen und das Spielen am Computer und das Musikhören und das Lesen und das Schreiben und das Schmuckmachen und das Zeichnen und das Anschauen der beeindruckenden Beiträge der verschiedenen Kulturschaffenden und -einrichtungen bei youtube und... 

Sie sehen, ich nehme diese meine selbstverordnete Therapie ernst und es wird mir nicht fad. Bei all diesen Tätigkeiten lege ich emotionalen Winterspeck an, den werde ich in den nächsten Monaten dringend brauchen.

Passen Sie auf sich und ihre Mitmenschen gut auf und bleiben Sie gesund!

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