Sonntag, 11. Oktober 2015

ERDÄPFEL AUS KISTE UND KORB MIT KAPUZINERLTOPFEN

Frau war und ist am Erntewerk. Dabei kam der spannende Augenblick der Erdäpfelernte, der absolut überraschend war.


Im Frühling berichtete ich über mein gestartetes Erdäpfelexperiment, auf Hochdeutsch Kartoffelexperiment. Wesentlich dabei: ich züchtete keine freilaufenden Erdäpfel, sondern bevorzugte die Holzkisten- bzw. Korbhaltung.

Theoretisch sollte man dabei das Saatgut auf ein Bett von ca. 20 cm Erde. Es funktioniert angeblich auch mit Stroh, aber in Ermangelung dessen und wegen meines Misstrauens gegenüber dieser Form von Aufzucht habe ich Erde vorgezogen. Dafür habe ich meine Gartenerde mit Kompost gemischt und als die eigene Erde ausging, habe ich sie mit zwei Säcken vom Bauern ergänzt.

Wenn das Laub ca. 20 cm hoch ist, sollte man es wieder mit Erde bedecken. Sollte man. Ich habe insgesamt zwei mal nachgefüllt, jedesmal zu spät. Die letzte Erdegabe war dafür üppig. Alles, was noch in den Säcken lagerte wurde einfach drübergekippt.

Eigentlich hatte ich nicht vor, ein Erdäpfelexperiment zu starten. Aber Mitte April liefen mir blaue Saatkartoffeln über den Weg. Das ließ flugs meine Experimentierfreudigkeit keimen.

Blöd nur, dass ich diese Knollen des Anstoßes ungeduldig bereits im September erntete. Das Ergebnis war rührend, das Essen kompliziert, weil man die Babies, deren Zukunft als beleibte Erwachsene schnöde von mir zerstört wurde, kaum sehen konnte. Was nicht weiter verwunderlich ist. Sie waren kaum vorgekeimt, hatten einen denkbar schlechten Platz mit wenig Sonne und, wie gesagt: ich erntete die Spätstarter viel zu früh. Nämlich Anfang September.

Hier ihr (etwas trauriger Werdegang). Sie wurden so wie ihre hellen KollegInnen am 24. April in die Erde versenkt. Und zwar in einen Korb, der mit Kokos ausgepolstert war. Dieses hatte im Winter einen Terracottatopf ummantelt und da es bei den Vogerl als Nestbaumaterial höchst beliebt ist, war es zerzupft worden. Was wiederum beim "Füttern" des Korbes kein Problem darstellte.

Saatgut am 22.4.2015
Pittoresker, aber ungeeigneter Ort im Halbschatten mitten in der Topfparade

Am 4.Juni zeigt sich endlich zaghaftes Grün

Die magere Ernte am 13. September
Der freie Korb beherbergt inzwischen Petersilie, die im Winter in Hausnähe gestellt wird
Soweit des Experiments erster Teil. Der zweite war quasi die Draufgabe nach dem Motto "Wenn schon, denn schon".

In meiner Speisekammer befanden sich noch einige absolut vergammelte Exemplare, die den Absprung in den Kochtopf nicht rechtzeitig geschafft hatten. 


Ich könnte auch sagen: gut vorgekeimte, aber ich hatte sie, um ehrlich zu sein, einfach sich selbst überlassen und sie hatten die Zeit genutzt, zu schrumpeln und wie wild Triebe rauszuschießen. Für die Küche nicht mehr brauchbar, aber für mein Erdäpfelexperiment perfekt.



Zufällig handelte es sich bei den Wildlingen sowohl um speckige als auch mehlige Erdäpfel, worüber ich jetzt - nach der Ernte - sehr froh bin. Denn so richtig mehlige Kartoffel sind inzwischen selten zu bekommen. Zumindest beim Nahversorger.


Aber zurück zum skeptischen, aber doch hoffnungsfrohen Anfang. 

Am Dachboden stand eine Holzkiste, in der ich jahrzehntelang 25kg-Säcke mit Getreide gelagert hatte. Da ich nicht mehr für eine Großfamilie koche, waren sie ohne Funktion. Der Platz am Dachboden wurde eng und ich hatte die Idee, die Kiste für den Einsatz im Garten freizugeben. Ein paar Jahre würde sie wohl halten - obwohl (zum Glück) unbehandelt, also giftfrei. Ihr Boden ist nicht fix mit den Seitenwänden verbunden und hat Rollen. Den hob ich für die Kübelpflanzen, die die kalte Jahreszeit im Winter verbringen auf und verwendete nur das stabile Seitenteil.


Ich breitete einige Kartons auf dem Boden aus und legte darüber dünne Unkrautfolie. Die Seiten der Kiste kleidete ich ebenfalls mit Karton aus, da ich die kostbare Erde nicht aus den Fugen rieseln lassen wollte.


Und dann ging es ans Legen des Saatguts. Relativ dicht, da ich alles unterbringen wollte und zudem nicht wirklich an den Erfolg glaubte.


Im Gegensatz zu den blauen entwickelten sich die vorgekeimten, an sonnigem Platz stehenden Erdäpfel schnell.

Am 8. Mai sind die mehligen Kartoffel schon ungefähr so weit wie die blauen 1 Monat später
Die ersten Büschel erschienen bereits nach einer guten Woche und dann ging es mit Karacho weiter. 

Am 1. Juni strahlt bereits üppiges Grün aus der Kiste
 Zu hohes frisches Grün, denn ich hatte noch nichts nachgefüllt.

Drei Tage später zeigt die Nahaufnahme den erstaunlichen Fortschritt
Mit Brutalität leerte ich einfach so viel Erde nach, dass wieder alles (so recht und schlecht) bedeckt war.

Üppigkeit wohin das Auge im Oktober blickt
Danach gibt es bis zur Ernte keine Bilder mehr. Ich war anderwärtig beschäftigt und so hatten sowohl die Erdäpfel, als auch die Schwarzäugige Susanne, die ich an einem alten, verkahlenden Zitrus hochklettern ließ, Zeit und Gelegenheit, sich in Windeseile breit zu machen. Alles durcheinander, flott über den Topf mit den Dahlienknollen (die von den Schnecken gefressen wurde, bevor ich ihr Grün überhaupt wahrnehmen konnte) und quer über den Tanzboden wucherte ein undurchdringliches Dickicht. Tanzboden, so nebenbei bemerkt, nennen wir das an den schwarzäugigen Erdäpfeldschungel angrenzende Podest aus Paletten.


Die freigelegte Kiste nach dem Einsatz mit der Gartenschere
Machete war keine vorhanden, deshalb musste die Gartenschere herhalten.

Die zusammengesackte Erde füllte maximal die Hälfte der Höhe

Von Laubvergilben war nach wie vor nur vereinzelt die Rede, trotzdem habe ich am 11. Oktober beschlossen, meine Neugierde nicht mehr zu zügeln und die Erdäpfel vor den angesagten ersten Nachtfrösten zu ernten. In Erwartung ein paar weniger Winzlinge.

Die ersten bejubelten freigelegten Exemplare
Aber weit gefehlt! Insbesondere die (von Natur aus größeren) mehligen Kartoffeln haben sich zu Faustgröße entwickelt. Ich war basserstaunt und hoffe nach wie vor inständig, dass die Größe der Erdäpfel nichts mit der Intelligenz der Produzentin zu tun haben!

Die erquickliche Ernte nach einem Drittel der Grabungsarbeiten
Ich habe mich an den Tipp eines befreundeten Erdäpfelbauern gehalten und habe auch im heißen Sommer meinen Kartoffelkistenacker nicht gegossen. Er ist der Ansicht, dass trockene Erde zu höherer Qualität der Knollen führt. Auf keinen Fall faulen sie, soviel ist sicher.

Die Erde ist auch nach den letzten Regenfällen eher trocken.

Da die Ernte wegen der doch endenwollenden Fläche unanstrengend war, siebte ich sie, um sie nächstes Jahr in einem anderen Gartenbereich zum Einsatz bringen zu können ohne den ganzen Garten in eine Kartoffelplantage zu verwandeln. Das ist mir vor Jahren, als ich die Erdäpfel in einem Beet gezogen hatte, nämlich passiert.


So traurig es unten aussah, so tröstlich war der Blick in die Höhe zur Schwarzäugigen Susanne. Die darf, in der Niederung gestutzt, noch den Zitrus umklettern und hat Chancen, ins Winterquartier mitgenommen zu werden.


Abends habe ich die ersten (speckigen) Erdäpfel gekocht und dazu einen Topfenaufstrich gebastelt. Natürlich ist auch an diesem die herbstliche Erntezeit abzulesen. Denn die Kapuzinerl müssen das Hochbeet räumen und ich wollte sie unbedingt gaumenfreundlich einsetzen. Hier das "Rezept":


Kapuzinerltopfen

1/4 kg Topfen (oder Quark)
1-2 EL Yoghurt
1 kleine Zwiebel
1 Handvoll Kapuzinerkresse
1 Prise Salz
1 gute Prise Zucker (ich verwende Vanille-Rohrrohzucker)
1 Spritzer Apfelessig


Topfen mit Yoghurt sämig rühren, kleingeschnittenen Zwiebel und feingehacktes Kapuzinerkresselaub, Salz, Zucker und Apfelessig dazu und gut verrühren.
Den Vanille-Zucker verwende ich übrigens fast in allen Speisen, egal ob süß oder salzig. Die Vanille rundet imho den Geschmack aller Speisen wunderbar ab.

Die letzten Reste, rasch vor dem Verzehr photographiert
Es war ein fürstliches Essen. Das fand auch der Hund, der kaum in die von ihm verlangte Position (Platz, in gehörigem Abstand vom Tisch) einnehmen wollte. Am Nachmittag haben wir ihn erwischt, als er sich einen Kartoffel schnappte und ihn während des Laufens (seines und unseres) hinunterschlang. Wäre er nicht so verfressen, könnte man das als Qualitätsmerkmal der Erdäpfel sehen. Obwohl: an rohen Kartoffeln hat er sich bisher noch nie vergriffen.

Ludmilla, die Erdäpfelkönigin, diesmal en face in voller Größe und Schönheit
Jetzt geht es weiter mit dem Verwurschten der Segnungen des Gartens. Nicht nur die Quitten sind noch zu ernten und - wie einige andere Früchte und Gemüse - zu verarbeiten, auch zahllose Kräuter warten auf die Rettung vor dem mit sinkenden Nachttemperaturen verbundenen sicheren Verderb. Aber davon ein andermal, denn da laufen gerade meine nächsten Experimente. Die machen die Arbeit in Garten und Küche immer wieder spannend und das liebe ich!

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