Frau ist neben dem Garteln am Freundschaftswerk. Schon seit Jahren beobachtet mich ein Rotkehlchen, wenn ich jäte, Sträucher schneide oder Pflanzen setze. Dieses Jahr aber sind es mehrere, die so zahm sind, dass ich sie hie und da ungern aber doch verscheuchen muss, wenn ich an einem bestimmten Platz werkeln will. Aber das wird mir verziehen, das Futter in meinem Garten ist zu reichlich und der Winkel zum Verstecken und Nestbauen gibt es zu viele als dass Großzügigkeit seitens der kleinen Vögel nicht angebracht wäre. Sie sind ja klug.
Vor ein paar Tagen habe ich es (oder eines der wievielen auch immer) beim Baden erwischt. Mit der Kamera. Am nächsten Tag, als eine Badeorgie zu zweit stattfand, verwehrte man mir das Bild. Zu intim anscheinend, auch Rotkehlchen haben eine Intimsphäre. Die beiden flogen empört davon.
Seither waren sie möglicher Weise beleidigt, auf alle Fälle haben sie sich meinen photographischen Begierden entzogen und - egal, wie lange eines von ihnen zuvor ruhig vor mir gesessen war - flatterten auf, sobald ich das Objektiv auf sie richtete. Zahllose sinn- bzw vogelentleerte Bilder waren das Resultat.
Heute aber, als ich in aller Früh das Hochbeet aberntete und mit neuer Erde und Kompost auffüllte, bekam ich die Erlaubnis zu einer Photosession. Gute Freundschaft will ja gepflegt werden und da müssen auch Vogerl das Ihre dazu beitragen. Aber man soll ja auch nicht übertreiben, daher beginnt ein kluges Rotkehlchen mit einer Rückenansicht.
Egal, was ich mache: ein Rotkehlchen beobachtet mich und/oder begutachtet mein Gartengerät. Wichtig auch der Überblick, den man auf der Hochbeetkante mit Blick über die Erdesäcke bestens erlangen kann.
Über den allein auf weiter Flur stehenden Rucola muss man sich ja wirklich wundern. Ich hatte den Gartenfreund nicht darüber informiert, dass er für den Abwesenden Mann am Werk aufgehoben wird. Möglicher Weise ist es auch verwunderlich, dass gestern hier noch jede Menge Spinat stand, der gestern Abend noch geschnitten, geputzt, blanchiert und eingefroren wurde. Auch diese Information habe ich erst nach diesem verwunderten Blick gegeben. Das Schneiden des dort bis vor kurzem gestandenen Salat wurde live miterlebt, da bestand zum Glück kein Erklärungsbedarf.
Natürlich wird mir auch der jeweilige Fang gezeigt. Wenn es denn sein muss, bleibt man ruhig sitzen für die nichtrasende Reporterin und verbessert die Haltung. Man will ja besonders hübsch ausschauen.
Die Sitzqualität des Gartengeräts in der quietschgrüngelben Wiese muss selbstverständlich auch geprüft werden. Gar nicht so unbequem, so ein Rechen.
So richtig im Grünen auf Grünem sitzen muss besonders lustig sein. Ein Teil der Beute wurde vor dem Bild aus dem Unkrautkübel geholt. Dabei wurde das Photographieren wieder einmal nicht erlaubt. Flatterflatter.
Inzwischen liegen die meisten Gartenteile in der Sonne und das lädt zu Farbspielen ein. Brust und Rost Ton in Ton, die außergewöhnliche Federnfarbe durch Unter- und Hintergrund betont. Zu der Farbe der Brust der Rotkehlchen gibt es übrigens eine christliche Legende, die hier nachzulesen ist.
Warum ich jetzt in aller Ruhe die Bilder aussuchen und schreiben kann? Die Rotkehlchen machen Mittagspause in der Fichte und im Efeu, in der Sonne ist es ihnen - so wie mir zu heiß. Wir haben eben viel gemeinsam, wie das bei FreundInnen so üblich ist.
Deshalb habe ich ja auch getitelt "Wenn ich ein Vöglein wär...". Ich wäre nämlich gern ein Rotkehlchen in meinem Garten. Soviel zu meinen Plänen fürs nächste Leben.
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