Frau war am Restaurierungswerk. Der Hof, der in den letzten Jahren vom nachbarschaftlichen Bambus gekapert wurde, ist endlich von diesem befreit und jetzt geht es um Schadensbegrenzung und Generalsanierung.
Es war einmal... ein kecker Gärtner, der meinen lieben Nachbarn entlang der Grundgrenze Bambus pflanzte. Eine höchst wüchsige Sorte, ohne jegliche Rhizomsperre. Da dauerte es nicht lange, bis das kluge Teil erkannte, dass das Beet, das ich auf meiner Seite des Zauns angelegt hatte, wesentlich bessere Wuchsbedingungen bot und also machte er sich auf den Weg zu mir.
Die Überläufer wurden immer üppiger und ich kam mit dem Ausreißen kaum nach. Irgendwann habe ich dann resigniert. Mein geliebter Hof, der umrahmt wird von dem Radlschupfen, dem Haus, der Werkstatt und einer hohen "Efeuwand", war ein Bild des Jammers. Resignieren bedeutete nämlich, dass ich einfach gar nichts mehr dort gemacht habe.
Dabei habe ich ihn als "weißen Hof" liebevoll angelegt. Den alten Zaun und den Wildwuchs entfernen und Carport und Radlschupfen errichten lassen.
Da die Beschattung damals noch besonders üppig war, habe ich mich für eine Bepflanzung in
grün/weiß entschieden. Mit weißen Kletterrosen und ebensolcher Clematis,
die sich vor den Efeu, der rasch an den Weidenmatten hochrankte,
drängten. Mit weißlaubigen Bodendeckern zu Füßen der Schneeballhortensie
"Annabelle", Farnen und Christrosen, die schon im Dezember den weißen Akzent in
den Hof brachten.
Die Rose ist als erstes der Bambusübermacht gewichen, dann die Clematis und die Bodendecker. Die gute Annabelle hat nach ein paar Jahren einstämmig ihr tristes Dasein gefristet. Die Bodenplatten wurden durch- und unterlaufen und langsam hochgestemmt. Sogar durch Tontöpfe haben sich Rhizome gebohrt, das beengende Gefängnis gesprengt und den ursprünglichen Inhalt vertrieben. Es war wirklich ein Bild des Jammers.
Ich brauchte schon sehr viel Pflanzenliebe, um trotzdem die Schönheit des Bambus zumindest manchmal genießen zu können.
Aber da ich wirklich liebe Nachbarn habe, ist dieses Elend jetzt beendet. Sie haben nach längeren Überlegungen nicht die vom (neuen) Gartengestalter vorgeschlagene (offene...) Rhizomsperre einziehen lassen, sondern den wuchsfreudigen Kerl mit seinen rasenden Rhizomen gänzlich entfernen und statt dessen Säulenhainbuchen setzen lassen. Die Arbeiten auf meiner Gartenseite habe ich natürlich brav dokumentiert. Immer bangend, dass das (bis in ordentliche Tiefe) Graben an den Fundamenten von Carport und Zaun selbige nicht instabil macht.
Wieweit die Wurzeln der Hainbuchen Druck auf meine Pflanzen ausüben (werden), mag ich gar nicht bedenken. Aber alles besser als der zugegeben wunderschön im Wind tanzende Berserkerbambus. Deshalb habe ich hoffnungsfroh die Erde, die nach Vollendung des Werks durch die Gärtner mehr aus Kies als aus Humus bestand, mit feinstem eigenem Kompost und zugekaufter, mit Hexenschuss angeschleppter Pflanzerde verbessert.
Den beleidigten Buchs habe ich zusammengeschnitten und ihm gut zugeredet, die Christrosen, die von den Lehrlingen als Unkraut fehlinterpretiert wurden, wieder aus dem Grünabfall gefischt und eingegraben und alles für die Ergänzung des ramponierten Beetes vorbereitet.
Diesmal war ich zurückhaltender. Habe nur jeweils eine weiße und eine grünliche Hortensie nachgesetzt: die geliebte 'Annabelle' (Hydrangea arborescens 'Annabelle') und 'Limelight' (Hydrangea paniculata 'Limelight').
Beide blühen am einjährigen Holz und sollten sich, wenn im Spätwinter geschnitten, im Frühling üppig austreiben. Außerdem ist zumindest 'Annabelle' durch verholzte Stecklinge leicht vermehrbar, auch bei 'Limelight' werde ich es versuchen und so schneller zu kräftigem Bewuchs des kleinen Beetes kommen.
Und damit der Boden nicht nackt bleibt, habe ich die sogenannte Weihrauchpflanze (Plectranthus coleoides) dazwischen positioniert. Sie ist im Freien einjährig und das ist beabsichtigt. Denn ich bin noch nicht sicher, ob der doch sehr in Mitleidenschaft gezogene Efeu diese heftige Prozedur überstanden hat oder sich dann doch beleidigt zurückzieht. In diesem Fall stehen dort noch Grabungs- und Setzarbeiten aus.
Ins Eck habe ich inzwischen einen Topf mit Ananaslilien (Eucomis) gestellt. Die haben es mir zu meiner Überraschung und Freude nicht übel genommen, dass ich den Topf diesen Winter im Garten vergesen habe. Dank der ungewöhnlich milden Temperaturen haben sie überlebt und dieses Jahr prächtiger denn je ihre Blüten und ihr Blattwerk entwickelt. Stress erzeugt bei Pflanzen oft eine erstaunliche Üppigkeit.
Im Herbst oder erst im Frühling werde ich dann dorthin wieder eine weiße Rose setzen. Und zwar die Tochter der schon seit Jahren den Hof begrenzenden, einmal im Jahr überschäumenden Rose (wahrscheinlich Seagull), die irgendwann in meinem Garten aufgetaucht ist und seither dank der Verdauung der Vogerl, die die kleinen roten Hagebutten mit Vergnügen verspeisen, bei mir und auch einigen Nachbarn wuchert. Ein Exemplar habe ich an einem vollkommen ungeeigneten Platz wuchern lassen und demnächst darf es sich vor dem Radlschupfen ausbreiten.
Mit Schrecken sehe ich, dass ich in epischer Breite meine Hofgeschichte dargelegt habe. Man möge es mir verzeihen, damit habe ich mein Bambustrauma aufarbeiten müssen...
Inzwischen sind wieder einige Wochen vergangen. Der Efeu zeigt nur an einer Stelle sattes Braun, sämtliche anderen Pflanzen haben überlebt. Wir genießen die Morgensonne (wenn sie denn scheint) im Strandkorb und die (wenigen) lauen Abende im Hof. Vorgestern hat uns ein Schwarm von Fledermäusen besucht, die Amseln toben nach wie vor im Efeu herum und das Auftauchen des sonst in der Nähe des Biotops angesiedelten Grasfroschs (Rana temporaria) im renovierten Hof scheint nur einen Schluss zuzulassen: auch er fühlt sich dort wohl.
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