Frau ist am Pflegewerk, eigentlich sogar am Vierundzwanzigstundenpflegewerk. Bei wem? Beim Hund. Da ich ihn schon häufig vorgeführt habe (zum Beispiel hier und hier), stelle ich lieber Bilder von anderen Tieren zu diesen meinen Ausführungen. Denn meine Conclusio bezieht sich ja nicht nur auf meinen Hund.
Ja, sie haben richtig gelesen. Mein Hund ist in die Jahre gekommen, genauer gesagt: er wird in zwei Monaten fünfzehn Jahre alt. Eigentlich hat er sich ja gut gehalten, bis zum vergangenen Sommer war ihm kaum was anzumerken.
Gut, das Gehör hat nicht mehr so klaglos funktioniert, vor allem nicht, wenn er einen Befehl nicht hören wollte. Wirklich gemerkt habe ich es erst, als er nicht mehr aus dem Tiefschlaf aufsprang, wenn ich den Eiskasten (dtdt: Kühlschrank) öffnete und ihm das Geräusch von Inlineskatern und Skateboardfahrern egal war.
Auch die Augen waren schon einmal scharfsichtiger. Aber er war nach wie vor höchst mobil und zog mich, wenn ich nicht Einspruch einlegte, mit Karacho durch die Straßen.
Aber dann begannen im Herbst seine Hüften zu schwächeln, immer wieder stolperte er deswegen über die Stiege. Jetzt brechen die Hinterbeine sogar manchmal beim Spazieren ein. Um seinen Bewegungsapparat zu unterstützen bekommt er deshalb Spezialfutter und Tabletten. Das Wichtigste ist, dass er eindeutig keinerlei Schmerzen hat.
Das Spazierengehen gestaltet sich nun sehr gemütlich, auch die Kontakte mit anderen SpaziergängerInnen werden zusehends mehr und es ist immer wieder ein freudiges Erfolgserlebnis für Menschen mit Rollator, dass sie uns überholen können.
Vor ein paar Tagen war ich wieder voll des Mitleids, weil er mehrere Male beim Gassigehen eingeknickt war. Da plötzlich entdeckte er in weiter Ferne seinen Lieblingsfeind, einen aggressiven, immer mit Beißkorb versehenen Schäferhund. Lieblingsfenid ist ja übertrieben, denn mit anderen Hunden versteht er sich gut.
Ich hatte das andere Tier noch gar nicht erspäht, aber plötzlich mutierte mein armer, gebrechlicher alter Hund zur Killerbestie. Sprang wie ein Wilder in die Leine, dass mir fast die Schulter ausgekugelt wurde, hüpfte wie ein Springinkerl herum, bellte ohrenbetäubend und war nicht zu beruhigen. Und das lange nachdem der Feindbesitzer samt Intimfeind eiligst das Weite gesucht hatte.
Diese Kräfte kann Punto, so heißt mein Hund wegen seiner Tupfen, offensichtlich aktivieren, wenn er sich aufregt. Wenn zum Beispiel ein Pizzabote klingelt, weil er sich an der Hausnummer irrt. Oder wenn jemand unbekannter es wagt, in meinen Garten zu kommen. Oder gar, wenn irgendjemand mir mit Punto als drohend empfundener Geste zu nahe kommt. Hui, da kann man dann Menschen sehr schnell laufen sehen.
Puntos Arbeitsethik ist also noch voll intakt. Weniger intakt ist sein Verdauungsapparat. Denn mein Hund ist undicht. Er kann seine Produkte sämtlicher Aggregatszustände nicht mehr kontrollieren, was nicht nur eine olfaktorische Herausforderung darstellt, sondern auch rege Putztätigkeit meinerseits provoziert. Er pflegt dann gelassen dabei zuzuschauen.
Ganz heftig wird es, wenn im Garten Schnee liegt. Dann funktioniert mein liebes Haustier wie ein Durchlauferhitzer. Mit Enthusiasmus wird draußen Schnee gefressen und drinnen im Haus werden wahre Seen produziert. Selbst wenn ich, wie seit einigen Monaten, nächtlings mehrmals aufstehe, um ihn in den Garten zu lassen. Die Hoffnung, die man bei Kindern hegt, dass sie bald einmal durchschlafen werden, erfüllt sich in diesem Fall bestimmt nicht.
Abgesehen davon, dass ich jede Menge wohltuendes Mitgefühl zu Füßen gelegt bekomme, höre ich natürlich auch viele gute Ratschläge. Wie zum Beispiel: "Also... wenn meine Hunde in die Jahre gekommen sind und ... sowas ... aufgetreten ist, hab ich sie sofort einschläfern lassen. Sie sollen ja nicht leiden." Häää? Mein Hund leidet nicht, ICH leide! Und selbst das hält sich in Grenzen, wenn ich ehrlich bin. Lästig ist es halt, die Seen samt der einen oder anderen darin befindlichen Insel aufzuwischen.
Auch mit der Feststellung "Du musst Deinen Hund ja sehr lieben" kann ich nichts anfangen. Denn für mich ist das keine Frage der Liebe, sondern - ich sage es ungern - der Moral. Dieses Tier hat mich fast 15 Jahre treu begleitet. Werde ich ihn deswegen, weil er inkontinent ist, einschläfern lassen?
Um Missverständnisse zu vermeiden sei noch angefügt, dass, bei aller Zuneigung mein Hund nicht mein "bester Freund" ist, zum Glück habe ich menschliche Freunde. Ich werde ihn auch nicht mit Operationen quälen lassen, denn alles hat seine Grenzen.Er ist schlicht und einfach ein Hund.
Vielleicht ist das oben verwendete Wort "Moral" ein zu scharfes und zu negativ besetztes Wort. "Verantwortung", das passt besser. Ich bin der Meinung, dass man Verantwortung übernimmt, sobald man sich ein Tier ins Haus holt, und die ist nicht einfach abzustreifen, wenn es einem passt.
So wenig wie man sich vor der Verantwortung für die Tiere, die unsere Gärten besiedeln und auch nicht vor jener für Pflanzen drücken sollte. Mir stellen sich immer die Nackenhaare auf, wenn ich zB in Baumärkten die in Massenproduktion hergestellten Blumenstöcke sehe, die von vielen Menschen nur während ihrer Blüte geschätzt werden. Danach ab in den Mist.
Oder die Lebensmittel, die in viel zu großen Mengen gekauft, wenn es gut geht, im Biokübel landen. Ansonsten halt ab in den Restmüll.
Ja, auch wenn es für den Einen oder die Andere moralinsauer klingt: ich bin der Meinung, dass man respektvoll und achtsam mit allem umgehen sollte, das man zur Verfügung hat; mit allem, das man sich "leistet" oder "sich zulegt".
À propos Zulegen. Mein Hund hat sich gerade zu meinen Füßen hingelegt. Gut so, denn die sind eher kalt und bis ich die Bilder rausgesucht habe, kann er sich hier wärmend ausruhen. Gut auch, dass ich noch einige Zeit beschäftigt sein werde, dann muss ich ihn nicht stören mit unnötigem Aufgestehe. Denn bei jeder Bewegung meinerseits hupft er auf und das und vor allem das mühsame Hinlegen will ich ihm so selten wie möglich zumuten.
Jetzt gerade ist er nämlich ein anschmiegsamer, altersschwacher Hund. Ist ja auch kein Pizzalieferant in Sicht.
Gut, das Gehör hat nicht mehr so klaglos funktioniert, vor allem nicht, wenn er einen Befehl nicht hören wollte. Wirklich gemerkt habe ich es erst, als er nicht mehr aus dem Tiefschlaf aufsprang, wenn ich den Eiskasten (dtdt: Kühlschrank) öffnete und ihm das Geräusch von Inlineskatern und Skateboardfahrern egal war.
Auch die Augen waren schon einmal scharfsichtiger. Aber er war nach wie vor höchst mobil und zog mich, wenn ich nicht Einspruch einlegte, mit Karacho durch die Straßen.
Aber dann begannen im Herbst seine Hüften zu schwächeln, immer wieder stolperte er deswegen über die Stiege. Jetzt brechen die Hinterbeine sogar manchmal beim Spazieren ein. Um seinen Bewegungsapparat zu unterstützen bekommt er deshalb Spezialfutter und Tabletten. Das Wichtigste ist, dass er eindeutig keinerlei Schmerzen hat.
Das Spazierengehen gestaltet sich nun sehr gemütlich, auch die Kontakte mit anderen SpaziergängerInnen werden zusehends mehr und es ist immer wieder ein freudiges Erfolgserlebnis für Menschen mit Rollator, dass sie uns überholen können.
Vor ein paar Tagen war ich wieder voll des Mitleids, weil er mehrere Male beim Gassigehen eingeknickt war. Da plötzlich entdeckte er in weiter Ferne seinen Lieblingsfeind, einen aggressiven, immer mit Beißkorb versehenen Schäferhund. Lieblingsfenid ist ja übertrieben, denn mit anderen Hunden versteht er sich gut.
Ich hatte das andere Tier noch gar nicht erspäht, aber plötzlich mutierte mein armer, gebrechlicher alter Hund zur Killerbestie. Sprang wie ein Wilder in die Leine, dass mir fast die Schulter ausgekugelt wurde, hüpfte wie ein Springinkerl herum, bellte ohrenbetäubend und war nicht zu beruhigen. Und das lange nachdem der Feindbesitzer samt Intimfeind eiligst das Weite gesucht hatte.
Diese Kräfte kann Punto, so heißt mein Hund wegen seiner Tupfen, offensichtlich aktivieren, wenn er sich aufregt. Wenn zum Beispiel ein Pizzabote klingelt, weil er sich an der Hausnummer irrt. Oder wenn jemand unbekannter es wagt, in meinen Garten zu kommen. Oder gar, wenn irgendjemand mir mit Punto als drohend empfundener Geste zu nahe kommt. Hui, da kann man dann Menschen sehr schnell laufen sehen.
Puntos Arbeitsethik ist also noch voll intakt. Weniger intakt ist sein Verdauungsapparat. Denn mein Hund ist undicht. Er kann seine Produkte sämtlicher Aggregatszustände nicht mehr kontrollieren, was nicht nur eine olfaktorische Herausforderung darstellt, sondern auch rege Putztätigkeit meinerseits provoziert. Er pflegt dann gelassen dabei zuzuschauen.
Ganz heftig wird es, wenn im Garten Schnee liegt. Dann funktioniert mein liebes Haustier wie ein Durchlauferhitzer. Mit Enthusiasmus wird draußen Schnee gefressen und drinnen im Haus werden wahre Seen produziert. Selbst wenn ich, wie seit einigen Monaten, nächtlings mehrmals aufstehe, um ihn in den Garten zu lassen. Die Hoffnung, die man bei Kindern hegt, dass sie bald einmal durchschlafen werden, erfüllt sich in diesem Fall bestimmt nicht.
Abgesehen davon, dass ich jede Menge wohltuendes Mitgefühl zu Füßen gelegt bekomme, höre ich natürlich auch viele gute Ratschläge. Wie zum Beispiel: "Also... wenn meine Hunde in die Jahre gekommen sind und ... sowas ... aufgetreten ist, hab ich sie sofort einschläfern lassen. Sie sollen ja nicht leiden." Häää? Mein Hund leidet nicht, ICH leide! Und selbst das hält sich in Grenzen, wenn ich ehrlich bin. Lästig ist es halt, die Seen samt der einen oder anderen darin befindlichen Insel aufzuwischen.
Auch mit der Feststellung "Du musst Deinen Hund ja sehr lieben" kann ich nichts anfangen. Denn für mich ist das keine Frage der Liebe, sondern - ich sage es ungern - der Moral. Dieses Tier hat mich fast 15 Jahre treu begleitet. Werde ich ihn deswegen, weil er inkontinent ist, einschläfern lassen?
Um Missverständnisse zu vermeiden sei noch angefügt, dass, bei aller Zuneigung mein Hund nicht mein "bester Freund" ist, zum Glück habe ich menschliche Freunde. Ich werde ihn auch nicht mit Operationen quälen lassen, denn alles hat seine Grenzen.Er ist schlicht und einfach ein Hund.
Vielleicht ist das oben verwendete Wort "Moral" ein zu scharfes und zu negativ besetztes Wort. "Verantwortung", das passt besser. Ich bin der Meinung, dass man Verantwortung übernimmt, sobald man sich ein Tier ins Haus holt, und die ist nicht einfach abzustreifen, wenn es einem passt.
So wenig wie man sich vor der Verantwortung für die Tiere, die unsere Gärten besiedeln und auch nicht vor jener für Pflanzen drücken sollte. Mir stellen sich immer die Nackenhaare auf, wenn ich zB in Baumärkten die in Massenproduktion hergestellten Blumenstöcke sehe, die von vielen Menschen nur während ihrer Blüte geschätzt werden. Danach ab in den Mist.
Oder die Lebensmittel, die in viel zu großen Mengen gekauft, wenn es gut geht, im Biokübel landen. Ansonsten halt ab in den Restmüll.
Ja, auch wenn es für den Einen oder die Andere moralinsauer klingt: ich bin der Meinung, dass man respektvoll und achtsam mit allem umgehen sollte, das man zur Verfügung hat; mit allem, das man sich "leistet" oder "sich zulegt".
À propos Zulegen. Mein Hund hat sich gerade zu meinen Füßen hingelegt. Gut so, denn die sind eher kalt und bis ich die Bilder rausgesucht habe, kann er sich hier wärmend ausruhen. Gut auch, dass ich noch einige Zeit beschäftigt sein werde, dann muss ich ihn nicht stören mit unnötigem Aufgestehe. Denn bei jeder Bewegung meinerseits hupft er auf und das und vor allem das mühsame Hinlegen will ich ihm so selten wie möglich zumuten.
Jetzt gerade ist er nämlich ein anschmiegsamer, altersschwacher Hund. Ist ja auch kein Pizzalieferant in Sicht.
Bin begeistert. Da sprichst Du mir mit allem aus der Seele. Wünsche Dir einen gemütlichen Abend meine liebe Susanne ❤
AntwortenLöschenDank Dir Heiner. Da wisch ich gleich viel lieber. ;-)
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