Sonntag, 3. Januar 2016

VOM ZAUBER DER EINMALIGKEIT

Frau war am Spazierwerk, am Winterspazierwerk. Das "Kriterium des ersten Schnees" musste begangen werden. Nicht nur in Val-d’Isère und, wenn es denn schon Jänner ist, eben nicht nur im Dezember.


Der erste Schnee des Jahres. Der mir, die ich Schnee nicht wirklich mag, den Zauber der zarten weißen Hülle vor Augen führt.


Eigentlich für die Jahreszeit nicht ungewöhnlich, ist es ihm trotzdem gelungen, mich zu überraschen. Warum plötzlich am 3. Jänner? Einfach so? Entgegen jeder Prognose, die zwar die eine oder andere Flocke vorhergesagt hat, aber auch gleich darauf folgenden Regen. Also schnell ein Photo machen, von diesem vielleicht einzigen Schnee des Jahres.


Plötzlich wird der Wintergarten ein wirklicher Wintergarten. Plötzlich gibt es ein klares Draussen und Drinnen. Gläsern getrennt.


Eigentlich reichte mir ja schon der Blick aus den diversen Fenstern. Aber Hund und Gesundheit sind da anderer Meinung. Nun denn. Raus ins Winterwunderland.


Zugegeben, er hat schon was, dieser Schnee. Er hebt die Bäume in den Himmel...


... und beugt sie wieder herunter zur Erde.


Mit den oft gar nicht so schmucken Formen spielt er, macht Uninteressantes interessant.


Ich rechne es ihm ja auch hoch an, dass er gärtnerische Schlampigkeit diskret umspielt und verdeckt. Da kann er auch den bis vor drei Tagen aktiven Feuerkorb samt Inhalt einwässern. Sei ihm verziehen.


Er kann aber auch anders: bisher Verborgenes holt er hervor. Die Mistel sehe ich, obwohl sie in einem benachbarten Garten wächst, zum ersten Mal.


Die am Baum verbliebenen Äpfel wiederum schauen mit den Schneehauberl noch viel deplacierter aus als ohne. Irgendwie hat er Humor, der gute Schnee.


Humor und Geschmack, denn aus den dem bisherigen Frühlingswinter geschuldeten Quittenblüten zaubert er herzallerliebste Eisblumen.


Die Enten nehmen es gelassen, der Hund wiederum freut sich und frisst Schnee. 


Das macht er nun schon den 13. Winter, ich habe aufgegeben, es ihm zu verbieten. Vielleicht hält ihn das so frisch? Nix is fix.


Diese zarten Schneekristalle bringen es fertig, den Wuchs der Bäume in ihrer pursten Form zu betonen. Jedes Jahr bin ich wieder erstaunt, wenn ich die efeubewachsenen Riesen in meinem Garten bewundere.


Ach ja, Fragen wirft er auch auf. Warum um Himmels (sic!) Willen ist das Dach meines Hauses nicht durchgängig bedeckt? Was sollen diese dunklen Quadrate?


So zauberhaft also ist er, der erste Schnee des Winters. Das würde mir, um ehrlich zu sein, auch schon wieder genügen. Einmal Schnee schaufeln, einmal einen kleine Hunderunde im köstlichen Weiß. Einmal ehrfürchtig diese Pracht bewundern. Nun könnte es von mir aus ruhig Frühling werden.


Aber da ich nicht ge- und schon gar nicht erhört werde, ziehe ich mich in die Wärme zurück. Zu meinem weihnachtlich glänzenden Kirschzweigkranz mit der inzwischen voll erblühten Amaryllis zum Beispiel.


Oder zu meiner Flöte und den Noten, die sich nun nicht mehr im Gegenlicht gleißender Sonne bis zur Unlesbarkeit verdoppeln.


Vielleicht kann ich ja so diese von mir ersehnte Einmaligkeit des Schnees herbeidudeln. Wünschen darf man sich alles - und das mehrmals.

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