Frau ist am Rechthabewerk. Sich freuend, sich (bescheiden war ich nie...) als gärtnerischer Trendscout fühlend.
Seit Jahrzehnten dürfen in meinem Garten brüchige Küchenutensilien, ein ausgedientes Gartentürl, einige rostende Wasserhähne und jede Menge Konservendosen und Flaschen und anderes nicht mehr Funktionierendes oder auch Gefundenes ein zweites Leben führen. Sie müssen dafür meist was tun, dürfen nicht nur schmücken sondern müssen tragen, stützen, Vögel erfreuen. Auch wer nicht rastet, rostet und das mag ich.
Entsetzte PassantInnen, die eigentlich nur im Frühjahr einen Blick in den zugewucherten Garten werfen können, haben schon öfters gefragt, wann ich denn das "Gerümpel" entsorge und gerade in der 70er-Jahren war die Abscheu auch manchen BesucherInnen meines Gartens von den entgleisten Gesichtszügen abzulesen.
Inzwischen haben mehr Menschen die Schönheit des Alterns (in diesem Falle meine ich den Hausrats, aber eigentlich sehe ich das umfassend...) und den Charme des Designs von Alltagsgegenständen entdeckt. Gerade bei meinem Besuch in Illertissen, von dem ich im letzten Blogeintrag schreibe, hat mich auch diesbezüglich höchlichst erfreut. Bilder folgen, ich verspreche es.
Aber heute führe ich Ihnen einige Beispiele aus meinem Garten vor Augen. Ich gestehe auch, dass das "Recyclen" oder auch "Upcyclen" meines Hausrats ein massives persönliches Problem löst. Ich kann nur sehr schwer wegwerfen. Aus ideologischen Gründen, die "Wegwerfgesellschaft" ist mir ein Gräuel, aber auch aus genetischen Gründen.
Bin erblich vorbelastet. In meiner Ursprungsfamilie wurde nur in Ausnahmefällen etwas weggeworfen. Ich kann also nichts dafür, dass ich sammle und horte. (Bitte Zwinkersmiley einsetzen...) Aus diesem Grunde, so nebenbei erwähnt, tummeln sich in meinem Garten auch viele Gegenstände aus dem Haushalt meiner Mutter, meiner Großmutter und meiner Großtante und so begleiten mich die Erinnerungen an die Zeit mit ihnen. Auch das tut gut, so bleiben sie mir verbunden.
Mit diesem Fundus, der sich über Jahrzehnte angesammelt hat, kann ich, wenn ich in Haus und Garten etwas brauche, aus dem vollen Schöpfen. Wenn ich denn das, was ich suche finde - aber das steht auf einem anderen Blatt. Meistens fällt mir aber etwas in die Hand und wandert direkt an den Platz des neuen Einsatzes.
Ein anderes Mal werde ich Ihnen von dem diesbezüglichen Vorbild der Cottage Gärten vorschwärmen und sicher auch erwähnen, dass ein ganz lieber Freund, der stumm durch das Haus und meinen (kleinen) Garten gewandelt ist, bröseltrocken festgestellt hat: "Ich mag Dein geschlossenes System."
Am auffälligsten sind aber wohl meine Konservendosen. Kaum jemand, die oder der das erste Mal in meinen Garten kommt, verkneift sich die Frage nach deren Sinn und Zweck. Derer gibt es mehrere. Ganz pragmatisch: ich halte mit Steckerl (in D Stöckchen genannt) den Hund vor dem Betreten der Beete ab. Das hat er gelernt, das funktioniert.
Damit weder er noch ich (zB beim Jäten) sich damit die Augen ausstechen, ist ein Abschluss sinnvoll. Und den bildet meist eine Konservendose, manchmal auch ein (angeschlagener) kleiner Blumentopf.
Außerdem stützen übrigens diese Steckerl auch die Beetbegrenzung und im Beet brauche ich sie, damit sich die höheren Pflanzen nicht in die Horizontale legen. Im Frühling gestalten sie das noch kahle Beet in der Vertikale, danach werden sie langsam zugewachsen. Oft wesentlich mehr als mir lieb ist. Zum Beispiel, wenn der wunderschön blühende, aber an diesem Platz nicht willkommene Topinambur seinen Platz verlässt und sich zu den KollegInnen vis à vis auf Beusch begibt.
Das Rotkehlchen sitz übrigens besonders gern auf den rostigen Dosen, worüber ich mich nicht nur wegen des Farbklangs freue.
Bei meiner Kocherei fallen relativ viele Dosen an, fast immer haben sie pomodori pelati beherbergt, die ich außerhalb der Gartenparadeiserzeit für fast alle mediterranen Speisen brauche. Wenn diese Weißblechdosen von der Küche in den Garten wandern, setzen sie Glanzpunkte. Ein postmodernes Zitat einer Rosenkugel. Finde ich...
In den Folgemonaten kann man die Zeit an ihnen ablesen. Am schönsten finde ich die Dosen, wenn sie dunkelbraun sind und der Rost Lochmuster in sie zeichnet. Das dauert je nach Niederschlag 2-3 Jahre.
Zeit ist der Schatz des Gartens. Die Zeit vergesse ich, sobald ich in den Garten gehe. Zeit gebe ich ihm, wenn ich ihn pflege. Und Zeit nimmt er sich, um sich zu verändern.
Deshalb passen die Zeitmesserdosen so besonders gut dazu, finde ich. Was aber nicht viele Menschen so sehen - was mir wiederum herzlich egal ist. Hauptsache, der Garten ist zufrieden.
Die Renovierung meiner Küche in diesem Frühjahr hat dem Garten einige Schätze gebracht. Zum Beispiel das Türl des Backofens, in dem sich jetzt das Basilikum spiegeln darf.
Beim Ausräumen der Küchenladen bin ich auch auf ein Teil eines nicht mehr existierenden Woks gestoßen. Das trennt jetzt die (etwas zu eng) gepflanzte Petersilie von der kletterbereiten Schwarzäugigen Susanne und den Kapuzinerl, die sich über das Pflanzgefäß ranken sollten.
Das Pflanzgefäß war übrigens einmal ein Ölfass, das mir ein befreundeter Baumeister perfekt gereinigt hat. Es hat dann einige Jahre als Regenwasserbehälter gedient und als der Boden bei einem überraschenden Kälteeinbruch dem Frost nicht widerstehen konnte, habe ich ihn ganz rausgefräst und das ehemalige Fass den Pflanzen zur Verfügung gestellt.
So wie den Kochtopf, in dem meine Mutter früher Windel ausgekocht hat, das undichte Schaffel (in D: die Wanne), in dem sich die wuchernden Minzen ausbreiten können und der große Zinkbehälter aus eine wunderschönen, leider nicht mehr existierenden Gärtnerei, den ich dem Altmetallhändler entrissen habe.
Mit diesem Bild des Vogelbads, das aus einer brüchigen Saugglocke entstanden ist, höre ich auf, mich in den Bildern des zweiten Lebens meines Hausrats im Garten zu ergehen und gehe rasch in den Herbstgarten. Hand anlegend genießen...
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