Donnerstag, 18. August 2016

FLORALES SEELENBAD

Frau ist an der Auftaucharbeit. Der letzte Post, so habe ich gerade gesehen, hat Anfang März das Licht des Netzes erblickt und jetzt ist es Mitte August. Nicht, dass das die Welt auf meinen nächsten verbalen und visuellen Ergüsse gewartet hätte, aber...


Die dazwischen liegenden fünf Monate müssen erst noch verdaut werden - und ich verkneife mir gerade alle einschlägigen Metaphern.


Wenn man so flott aus dem eigenen Leben geschmissen wird, braucht es einen Anker und einen Ankerplatz, damit wieder Boden unter die Füße kommt. Und was ist das wohl bei mir? Richtig, der Garten.  Und den bringe ich jetzt vor Augen. Obwohl ich nur zwei Mal, nämlich im Juni und letzte Woche, mit der Kamera einen Gartengang gemacht habe. Hie und da das eine oder andere Handy-Bild, sonst nix.


Aber sei's drum. Ich mache heute, da der Aufenthalt im Freien beschränkt attraktiv scheint, einen virtuellen Gartenrundumschlag und schreibe mein Gartentagebuch nach dem Motto "Was bisher geschah". Und stelle - in Ermangelung passender Photos - meist vollkommen willkürlich Bilder dazu. 


Ja, der Garten. Er nimmt es mir kaum übel, dass ich ihn im Frühling im Stich gelassen habe; nichts geschnitten, nichts gejätet, nichts gedüngt. Die Gemüsepflanzerl wurden huschdiwusch ins Hochbeet gefpeffert, aus dem der ohne gärtnerische Unterstützung bereits im März üppig wuchernde Spinat in die eigenen und befreundeten Kochtöpfe weichen musste.


Der Garten motzt auch kaum über den - naja, sagen wir freundlicher Weise - zurückhaltenden Sommer, in dem ich diverse Male ein fröhliches "Ahoi" oder "Land unter" ins köstliche Nass schmetterte. Auch die Tatsache, dass ich seit letztem September des Baumschneiders harre, bei dem ich nun seit 11 Monaten zurückhaltenden Kontakt in wohldosiertem Telefonterror und ebensolchem Mailbombing pflege, zeigt sich fast ausschließlich in grenzenloser Üppigkeit des mich umgebenden Grüns. Was ich eh recht gern habe, sich aber zB auf die Energieausbeute der Solarzellen ziemlich reduzierend auswirkt.


Auch muss man den Garten inzwischen in demütig gebückter Haltung betreten und an Engstellen durchschreiten, aber das steht ihm ja zu. Wen das stört, hat das Lustwandeln darin nicht verdient.


Besonders positiv hat sich meine lange Gartenabstinenz auf den unseligen Topinambur ausgewirkt. Letztes Frühjahr habe ich in mühsamster Klein- und Schwerstarbeit im topinamburüberwucherten Beet alle Pflanzen, zwischen die er sich gemogelt hatte, herausgenommen, vorsichtigst die Erde mehr als zwei Spaten tief umgegraben und (wie ich glaubte) sämtliche Rhizome, ja jedes winzige Seitenwürzelchen entfernt. Mit dem Resultat, dass er in diesem Frühjahr prächtiger denn je aus der Erde schoss. Ich ließ in tränenden Auges schießen.


Aber dieses Frühjahr hatte ich, wie des öfteren erwähnt, keine Möglichkeit, um mir mein Kreuz mit Topinamburjäten zu ruinieren. Doch nach meiner diesjährigen Gartenrückkehr im Juni entfernte ich alles, was er inzwischen oberirdisch zustande gebracht hatte. Immer und immer wieder, so locker beim Vorbeigehen. Eine in Relation zur letztjährigen Prozedur direkt lachhafte Aktion - mit dem erstaunlichen Ergebnis, dass er, anscheinend wirklich total geschwächt, aufgegeben hat. Noch traue ich dem Frieden nicht ganz und habe in den besonders vertopinamburten Bereichen nichts direkt eingesetzt, sondern die für diese Stellen vorgesehenen Stauden in Töpfe gepflanzt und selbige auf den späteren Einsatz-, besser gesagt: Einsetzort gestellt.


Durch solch spätes, ausschließlich oberirdische Jäten habe ich auch die durch allerlei Getier inzwischen im ganzen Garten verstreute Winde halbwegs in den Griff bekommen. Sie wag zwar immer wieder Neuangriffe, aber sichtlich schwächer.


Gefreut über die lange Gartenruhe haben sich die Wühlmäuse, die feiern gerade in der Wiese fröhliche Urständ und werfen einen Haufen nach dem anderen auf. Da ich extrem bescheiden bin, beglückt mich diese Tatsache fast. Denn so wüten sie hoffentlich nicht in den Beeten oder an den Wurzeln der nächsten Bäume. Eine Weichsel, die dringend entfernt werden muss (gugu, lieber Baumschneider!), haben sie eh schon auf dem diesjährigen Gewissen. In ihre kahlen Äste ist eine im Frühling ebenfalls nicht gezähmte Eden Rose gekraxelt. Sie ist die unbeabsichtigte Vorturnerin für eine Rambler-Rose, die ich im Herbst, wenn der Baum passend in Form geschnitten ist (oder besser: sein sollte) setzen. Oder im Frühjahr, das verschafft der neckischen Baumschneider-Jagd noch ein paar zusätzliche Monate.


Die Vogelpopulation hat sich heuer extrem vergrößert. Insbesondere die Amseln haben heftigen Zuwachs bekommen und die Jungen sind so zahm, dass sie direkt neben dem Garten-Esstisch herumhupfen und zuschauen, was die von ihnen Geduldeten so treiben. Im Efeu am Haus zwitschert es fröhlich, aber da er so dicht ist, sind nur selten die Nester zu entdecken. Auch nicht (mehr) zu entdecken sind die Beeren des Hollers (dtdt: Holunders), die sind vor allem in den Bäuchen der Amseln gelandet.


Auch hat eine Horde Spatzen den Garten und seine vorzügliche Fruchtversorgung entdeckt. Sie kommen am frühen Nachmittag so richtig in Schwung und fetzen nach ausgiebigem Beerenmahl mit lautem Getöse zwischen Hecke und Bäumen hin und her. Ihnen zuzuschauen ist ein wahres Vergnügen. Dass sie aber den frisch gesetzten Radicchio und die Salate teils aus dem Hochbeet geworfen und teils zerhackt haben, war aber unnett. Eigenartiger Weise haben sie meinen Wink mit auf Steckerl aufgehängten Streifen Alufolie verstanden und lassen seither die Salate in Ruhe.


Im Frühjahr wurde ich von drei Enten überrascht, die in aller Seelensruhe auf der winzigen Froschlacke (dtdt: Pfütze) dahingeschaukelt sind. Die Frösche haben keinen Protest eingelegt, es war ein friedliches Miteinander. Als die Erpel dann den Garten nach einem geeigneten Brutplatz untersuchten und der Hund ihnen neugierig gefolgt ist, hat sich das Federvieh lautstark beschwert und ist abgezogen. Zogen einst drei wilde Enten...


Rotkehlchen, Kleiber und die verschiedenen in Hecke und Bäumen nistenden Meisensippen sind inzwischen wohlgenährt und lassen sich von den frechen Spatzen nicht vertreiben. Die Hausmaus, die zwischen den Töpfen auf der Terrasse zum olfaktorischen Vergnügen des Hundes residiert, fetzt immer eifriger zwischen dem Rosen- und den Gewürzbeeten herum. Heute Früh war sie besonders gschaftig, da hab ich sie mit dem Handy erwischt. Nach zahllosen Versuchen, bei denen bestenfalls ein brauner Wischer am Bild zu sehen ist. Was sind die doch rasant unterwegs, diese Mäuse! Falls Sie sie nicht entdecken: sie sitzt ziemlich zentral im Bild auf dem Rand des rechtens Zinkbehälters, links oberhalb des gelb-braunen Erdbeerblatts.


Von der Igelfamilie holt sich der Hund regelmäßig eine Abfuhr, die aber nicht mehr blutig verläuft wie bei den ersten Begegnungen. Auch der Hund lernt. Manchmal. Manches.


Oje, oje... Was ist dieser Beitrag doch elendslang geworden! Dabei hab ich noch gar nicht über die zahllosen Bienen, Schwebfliegen, Hornissen und anderes Geflügeltes geschrieben und von den Hortensien auch nicht. Na egal. Die sind eh auf den Bildern und meine Zuneigung zu ihnen lässt sich von den Photos ablesen.


Nun suche ich geradezu verzweifelt nach einem stimmigen Schluss dieses Gartenspaziergangsposts, um eventuell Mitschlendernde nicht zu heftig abzuschrecken. Das Wetter hat es mir leicht gemacht, denn die Sonne ist inzwischen rausgekommen und ich werde mich schleunigst ins Freie begeben, um sie  genießen zu können.


Gehaben Sie sich wohl, Sie hören möglicher Weise schon bald wieder was von mir. Zumindest Optisches könnte demnächst eintrudeln.


PS: übrigens ist es wieder aus mit dem strahlenden Sonnenschein. Ein massiver Gewitterregen hat die seit mindestens drei Stunden tobende Trockenperiode beendet.


PPS: Ich lasse sie aber jetzt trotzdem in Ruhe. Die haben sie sich redlich verdient, falls Sie mir wirklich durch das vergangene Gartenhalbjahr gefolgt sind.

4 Kommentare:

  1. Ist schön mitzuschlendern. Da muß man neidisch werden.
    "Wenn man so flott aus dem eigenen Leben geschmissen wird"
    das höre ich gar nicht gern; mache es Dir bequem auf der einladenden Liege.

    Mein Gartenblog hat den letzten Eintrag März/2014 und wo dieses Jahr geblieben ist, ist mir auch schleierhaft.
    Ich war gestern im Garten und habe den Rasen vertikutiert (wie immer azyklisch leben)und heute mache ich Feinarbeiten auf der von mir innigst gehassten Nachbarseite (die sind in Urlaub und ich habe meine innere Ruhe halbwegs).

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    1. Oh Hallo Armin! Freu mich sehr, wieder einmal von Dir zu lesen!
      Neidisch musst Du nicht werden, denn die Ecken, in denen der Wildwuchs tobt oder die Wühlmaus oder sonstige widrige Umstände, hab ich ja nicht photographiert.
      Hoffe, es geht Dir gut und die verschwundenen Jahre irritieren Dich nicht weiter. Ich wünsch Dir einen laaangen Nachbarschaftsurlaub! Bis bald einmal...

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  2. Danke, freut mich auch sehr. Ich habe den Verdacht, auch Wühlmäuse zu haben (viele Pflanzen wollen nicht) und/oder Maulwurf (jedenfalls gibt es beachtliche Sandhügel, machen Wühlmmäuse da auch?).

    Ich bin wie immer beim Spätstück und ärgere mich weiterhin über die Buchhaltung;)
    Die Zeitung würde ich fast gar nicht mehr lesen wollen.

    Ich wünsche Dir wieder festen Boden unter den Füßen, wie auch immer der gelockert war - liebe Grüße aus Berlin nach Salzburg
    (ich werde hier mitschlendern, ich war sozusagen etwas bettlägerig in letzter Zeit)

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    1. Wenn ich schon beim Antworten auf Deine vor langem abgeschickten Kommentare bin, dann kommt es auf die drei dazwischen liegenden Jahre auch nicht mehr an, oder? ;-)
      Dank Dir für Deine Wünsche! Der Boden unter meinen Füßen ist wieder fest, zumindest dort, wo weder die anscheinend von einer jungen Katze dezimierten Wühlmäuse toben, noch der Igel, den ich Olaf genannt habe, herumschnofelt, noch der Marder, der geflissentlich ignoriert, dass ich ihn Alois nenne und mit ihm sprech, sein Unwesen getrieben hat.
      Der Garten ist etwas aus den Fugen geraten, aber das passiert eigentlich jedes Jahr um diese Zeit. Ich genieße seine Wildheit so lange, bis er findet: "Da können wir noch ein Schäuferl drauflegen" - und das tut ihm dann nicht wirklich gut. Das Schlendern wird einem nicht leicht gemacht in diesem Stadium, man muss sich demütig gebückt bewegen und dabei ignorieren, dass die Wiese sich in Richtung Knie reckt und die Beetpflanzen sich inniglich zu ihm hinaus- und hinunterneigen.
      So grüße ich denn heute das zweite Mal in Richtung Berlin. Mach es Dir schön!

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