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Donnerstag, 15. Dezember 2022

VANILLEKIPFERL IM WIDERSTAND

Frau ist am Backwerk, am Widerstandsbackwerk. Am Angstwiderstandsbackwerk. Wovor ich Angst habe, wogegen ich mich stelle? Lassen Sie es mich Ihnen erzählen.

Diesen Eintrag habe ich heute, am 14. Dezember 2022, fast auf den Tag ein Jahr, nachdem ich ihn geschrieben habe, unveröffentlicht gefunden. Weiß nicht, warum ich ihn für mich behalten und nicht mehr beachtet habe. Zu deprimiert? Zu deprimierend? Keine Bilder? Geht ja auch einmal ohne und trotz.



Auch wenn zum Glück Covid-19 viel von seinem Schrecken verloren hat, die Gräben, von denen ich geschrieben habe, sind nach wie vor da. Menschenverachtung hat sich nicht in Luft aufgelöst. Und die Rücksichtnahme auf Schwächere, die Vernunft, den Willen für ein gedeihliches Miteinander, die vermisse ich nach wie vor schmerzlich.

Weder mir noch Ihnen erspare ich diesen Text, den ich am 13. Dezember 2021 geschrieben habe. Wir müssen wach bleiben, auch wenn wir gleichzeitig Lebensfreude spüren und die schönen Seiten des Lebens genießen sollen. Wie - sind wir einmal bescheiden - zum Beispiel die Vanillekipferl, die ich seit den geschilderten Flops immer nach dem dargelegten Rezept backe.

 

Gleich zu Beginn: Es gibt dieses Jahr keine neuen Rezepte, mir ist nicht nur der Schmäh ausgegangen, sondern auch die Kreativität und die Lust am Ausprobieren. Außerdem gibt es heuer bei mir bisher nur wenige Sorten und wahrscheinlich auch auf Weiteres keine neuen Keks. Ich setze aber in diesen Text, der nicht so furchtbar lustig (eher furchtbar als lustig) ist, Links zu den Rezepten meiner besten Weihnachtskeks. Damit Sie sich nicht gefoppt fühlen. Der süße Duft verfehlt selbst im virtuellen Raum nicht seine Wirkung und ich teile gerne.


Wovor also habe ich Angst? Vor dem unendlichen Egoismus, der sich anscheinend flächendeckend in unserer Gesellschaft ausbreitet. Vor dem Hass, der ausgeschüttet wird, vor der gegenseitigen Missachtung. Davor habe ich Angst, das macht mich zornig und auch traurig.


Zur Beruhigung rasch einen Spekulatiustaler mit Gewürzen aus aller Frauen Länder. Sind auch dieses Jahr wieder fein geworden und durchaus empfehlenswert.


Aber zurück zu meinen Sorgen. Da gehen Tausende von Menschen auf die Straße, um - wie inzwischen von manchen Organisatoren betont wird - "nur" gegen den "Impfzwang" zu demonstrieren. Erstens ist es die Impfpflicht, es gibt auch zum Beispiel keinen Gurtenzwang beim Autofahren. Zweitens wäre es nicht nötig, diese Pflichten zu verordnen, würden die Menschen ohne Aufforderung das machen, das ihr Leben schützt und im Fall der Impfpflicht auch das Leben der Mitmenschen.


Dass es eigenartig ist, wenn eine Partei nun umfassend gegen Impflicht auftritt, die 1999 vehement u.a. die Impfpflicht vor allem "für Kinder und Senioren" gefordert hat, übergehe ich jetzt großzügig.


Natürlich weiß ich, dass es Menschen gibt, die Angst vor der Impfung haben. Selbst wenn ich diese Angst nicht nachvollziehen kann, nehme ich sie ernst. Auch einige meiner Bekannten hatten Angst davor. Hatten, denn sie haben sich ihren Ängsten gestellt, haben darüber gesprochen, sich sachliche und fundierte Informationen geholt und diese Angst mit Unterstützung überwunden.


Ich weiß aber noch immer nicht, wie eine generelle Lösung ausschauen könnte. Kann mir bitte jemand sagen, wie man die Pandemie in den Griff bekommen kann ohne Masken, ohne Impfung und ohne Lockdown?


Ach ja, da tönt es "Wir haben keine Angst vor dem Tod!" Zynischer, verlogener und grausiger kann man Menschen nicht aufhussen. Ich weiß nicht, ob ein lieber Freund Angst vor dem Tod hatte, der Anfang letzten Jahres, als es noch keine Impfung gab, an Covid gestorben ist. Aber ich weiß ganz sicher, dass er nicht so elendiglich krepieren wollte. Ohne das Fühlen einer anderen Hand auf seiner Haut, über Wochen nur der Anblick von überarbeiteten, vollständig in Schutzkleidung gehüllten Menschen in der Intensivstation. Nein, so darf man nicht sterben müssen! Seine Fröhlichkeit, seine Lebenslust gehen mir ab und ich bin unendlich traurig, wenn ich daran denke, wie er gestorben ist.


Andere Vorschläge zum Kampf gegen diese Krankheit? Denn das Virus ist der Feind, das sollte man nicht aus den Augen verlieren. Die Alten, die Menschen "mit Vorerkrankung", die Dicken, die von Alkohol und Nikotin Geschwächten sterben lassen? Das würde die Krankenkassen, die dann endlich zu "Gesundheitskassen" mutieren würden, sanieren und die Pensionen würden auch gesichert. Kann aber hoffentlich nicht wirklich jemand wollen. Außerdem - und das sollte man auch nicht vergessen - ist da ein flotter Trugschluss drin. Zu viele gesunde Junge sind schon gestorben oder leiden an Long Covid. Also auch das ist keine gangbare Alternative.


Welche andere Lösung stellen sich denn all diese Menschen vor, die auf die Straße gehen? Ich verstehe es einfach nicht. Das macht mich ratlos. Verzweifelt aber bin ich, wenn ich NS-Symbole als Armbinden und eindeutige NS-Sprüche auf Transparenten sehe, in die Menge gebrüllte menschenverachtende Parolen und Wörter wie "Diktatur" höre, Fahnen und Wimpel erkenne, die jeder wache Mensch einer grausamen Geisteshaltung zuordnen muss - und Massen dahinter marschieren und sich um Hetzer scharen, anscheinend ohne sich etwas dabei zu denken.


Haben sie denn vergessen, was Mitläufertum vor etwas mehr als 80 Jahren angerichtet hat? Niemand kann heute sagen: "Wir haben es nicht gewusst". Niemand ist von der Verantwortung zu entbinden, sich dem Ziel dieser Kräfte zu entziehen und entgegenzusetzen. Niemand darf mitwirken an der gezielten Destabilsierung unserer Gesellschaft.


"Wir sind das Volk"? Nein, ganz bestimmt nicht! Ich bin sowenig "das Volk" wie jene. Sie sind in Relation zur Bevökerung eine verschwindende Minderheit, trotzdem viel zu viele - aber ganz bestimmt nicht "das Volk".


DAS beängstigt mich. Dagegen helfen auch die besten Vanillekipferl nicht. Da weiß ich auch keine Lösung, an der ich mitwirken könnte. Aber ich mache eine versöhnliche Geste und stelle meine Rezepte Geimpften wie Ungeimpften zur Verfügung. Vanillekipferl nicht im, sondern gegen den Widerstand. In der verzweifelten Hoffnung, dass die Gutsis besänftigen und zum verantwortungsvollen Handeln beitragen. Damit wir alle zu dem ersehnten "Wie früher" zurückkehren können. Auch wenn es hatschert war, es war allemal besser als diese tiefen Gräben durch unsere Gesellschaft.


Seien Sie wachsam, achtsam, denken Sie an Ihre Mitmenschen, an uns alle. Ich bitte Sie darum.

 

Und diese Bitte, die ich letztes Jahr, zu einem der Höhepunkte der Pandemie geschrieben habe, wiederhole ich heute, im Dezember 2022. Sie hat kein Ablaufdatum.

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