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Dienstag, 2. Juni 2020

BROTLUST UND BROTLAST: VERWERTUNG VON ALTBROT

Frau war zuerst wie üblich am Brotbackwerk und heute am Verwertwerk. Stellenweise mit großem Zweifel, aber zu guter Letzt so angetan vom Resultat, dass es Ihnen nicht vorenthalten werden soll.


Ich war ja seit Ostern blogfern, was vor allem an meinen ausgedehnten Backorgien liegt. Inzwischen habe ich nämlich zwei Haustiere in meinem Eiskasten (dtdt. Kühlschrank): den lievito madre, den italienischen Sauerteig namens LiaMaria und außerdem seit kurzem noch einen Roggensauerteig, der auf den Namen Robert hört. Der ist LiaMaria entsprungen, was gewisse Ähnlichkeiten mit der Schöpfungsgeschichte aufweist. Aber es ist vollkommen unblutig und ohne Rippenentnahme passiert; einfach durch Futterumstellung.


Wenn man also zwei hungrige Haustierlein regelmäßig füttern muss und ebenso regelmäßig backt, entsteht unvermeidbar Überschuss. Sowohl an Sauerteig, denn man braucht für die Brote nur eine relativ kleine Menge Anstellgut, als auch an Brot. Meine BrothauptabnehmerInnen waren ungehöriger Weise einige Tage verreist und das hatte bei mir einen mittleren Brotberg zur Folge.

Toskanische und andere Brotsuppe kann ich momentan nimmer sehen, Brühstücke und ähnliche Dinge, bei denen altes Brot dem frischen Brotteig beigefügt wird, hatte ich schon angesetzt und verwendet, Bröseln und Knödelbrot habe ich für die nächsten hundert Jahre produziert, im Tiefkühler frieren einige Packerl Brot vor sich hin, um im "Notfall", wenn das Brot ausgegangen sein sollte (hahaha) aus dem Tiefschlaf erweckt zu werden, den eisigen Platz teilen sie mit den Fleischlaiberl, die ebenfalls einiges an Altbrot in sich aufgenommen haben, und auch ein Scheiterhaufen mit Äpfeln und Schneehaube hat vor kurzem liebe Gäste erfreut. Trotzdem war heute noch reichlich, zu reichlich Brot vorhanden.


Außerdem musste ich dringend Spinat ernten, weil er sonst ausgewachsen wäre und ich zudem den Platz für die Saat von Rucola, Dill und anderen in der Küche Benötigtem brauche.

Also habe ich die Kochbücher durchsucht, was ich mit Brot und Spinat machen könnte. Und wurde im "Silberlöffel", dessen Untertitel so bescheiden "Die Bibel der italienischen Küche" lautet, fündig.


Sie haben auch Brot zu verwerten? Ich lege Ihnen dieses Rezept gar inniglich ans Herz!

Entschuldigen Sie bitte, dass ich wieder nur Handyphotos gemacht habe, aber mit Spinatteighänden mag ich meine Kamera nicht quälen. Die Farbunterschiede sind übrigens der unterschiedlichen Tageszeit, sprich Beleuchtung geschuldet.

Gnocchi di pane e spinaci (Brot-Gnocchi mit Spinat)

Quelle: „Der Silberlöffel: Die Bibel der italienischen Küche“, Phaidon. Das Rezept wurde von mir leicht verändert (im Text erkennbar gemacht).

Die Menge ist angeblich für 4 Vorspeisenportionen angelegt, wir aber haben zu dritt nur ca. die Hälfte der Masse als Haupstpeise - mit Salat - gegessen. Die restlichen Rollen habe ich eingefroren und sollte das Ergebnis beim Auftauen nicht zufriedenstellend sein, werde ich es bei den Kommentaren ergänzen.

Zutaten

35 dag (= 350 g) Brot vom Vortag (oder älter, aber weich)
200 ml Milch (zimmer- bis handwarm)
67,5 dag (= 675 g) Blattspinat
10 dag (= 100 g) Butter
8 dag (= 80 g) frisch geriebener Parmesan (oder Grana)
1 Ei
10 dag (=100 g) Mehl (W480 griffig, in D W405/Spätzlemehl, in CH Weißmehl)
etwas Mehl zum Stauben
Salz

Eigene Ergänzung

(Bärlauch-)Salz, Pfeffer und Muskat für die Gnocchimasse

Zubereitung

  • Das Brot (meines war ein paar Tage alt, aber nicht hart) in kleine Würferl schneiden, in einer Schüssel mit der Milch übergießen und unter gelegentlichem Umrühren stehen lassen, bis das Brot die Milch aufgesaugt hat.
  • Inzwischen den Spinat waschen und nur mit dem Wasser, das an den Blättern vom Waschen haftet, 5 Minuten dünsten, bis er zusammengefallen und halbwegs weich ist. Abgießen, gut ausdrücken und fein hacken.
  • 20 g Butter in einem Topf zerlassen, den Spinat und 40 g frisch geriebenen Parmesan zugeben und unter Rühren 5 Minuten dünsten lassen.
  • Die Spinatmasse etwas überkühlen lassen und dann mit der Knödelmasse (per Hand) gut vermengen. Danach Ei und Mehl zugeben und – so meine, nicht im Originalrezept vorhandene Version – salzen und würzen. Ich habe dazu Bärlauchsalz verwendet und auch etwas Muskat und etwas (weißen) Pfeffer in die Masse gerieben. Beides nicht im Rezept, beides meinem Geschmack sehr förderlich. Italienische Rezepte zeichnen sich durch Sparsamkeit in der Anzahl der Zutaten aus, ich habe mit diesen zusätzlichen Zutaten das Rezept etwas austrifiziert.
  • Der entstandene Teig sollte laut Rezept „fest“ sein, meiner war formbar, aber nicht wirklich fest. Ich habe ihn, da die Gäste schon am Nachmittag hier waren, vorbereitet und dann noch ca. 3 Stunden ziehen lassen, was offensichtlich nicht geschadet, dem Brotauflösungsprozess aber nicht gedient hat.
  • Die Arbeitsfläche leicht bemehlen und aus der Spinat-Brot-Masse Rollen formen. Scheiben gleicher Stärke abschneiden und diese leicht mit Mehl stauben, was das Formen definitiv erleichtert.
  • In einem großen Topf Wasser zum Kochen bringen, gut (!) salzen und die Gnocchi in mehreren Partien einlegen. Sobald diese an die Oberfläche steigen, mit einem Schaumlöffel herausnehmen, abtropfen lassen und in einem vorgewärmten Gefäß bereitstellen.
  • Die restliche Butter zerlassen, eventuell leicht (!) bräunen, die abgetropften Gnocchi anrichten, mit der Butter übergießen und mit Parmesan bestreuen.

Anmerkungen

  • Obwohl wider Erwarten die sich nicht auflösenden Brot(rinden)stückerl nicht gestört haben, werde ich nächstes Mal warme Milch verwenden (ist nicht im Rezept angegeben), das Brot länger weichen lassen und gegebenenfalls durch die Flotte Lotte drehen. Damit die Gnocchigefühle nicht durch Spinatknödelassoziationen gestört werden.
  • Ich kann mir auch vorstellen, die Gnocchi in einer Gratinform zB mit Bechamel zu übergießen und mit Parmesan und Butterflockerl bestreut zu überbacken.
  • Wenn man gerade keinen Spinat zur Verfügung hat (wobei TK-Spinat genauso verwendbar ist), dann könnte man auch Mangold verwenden. Ich werde im Herbst dieses Rezept mit gebratenem Kürbis versuchen. Müsste auch funktionieren.

Soweit mein heute erprobtes Rezept der Brot-Gnocchi, die es auf Anhieb in meine Leibspeisensammlung geschafft haben. Unter anderem auch, weil sie relativ unaufwändig herzustellen sind.

Aber beim Brotbacken ergibt sich noch ein anderes Verwertungsproblem. Was tun mit den Resten des Sauerteigs bzw des nicht benötigten Anstellguts. Hier wiederum habe ich einen wunderbaren Tipp für Sie.

Schon einmal was von Pane Sera gehört? Nein? Ich auch nicht - bevor ich auf das Rezept gestoßen bin. Und zwar auf meinem absoluten Lieblingsbrotbackkanal bei youtube, von dem ich immens profitiert und unbeschreiblich viel gelernt habe. Zu jedem vorgestellten Brot ist auch ein perfekt aufbereitetes Rezept abzurufen.

Wenn Sie am Brotbacken praktisch oder zumindest theoretisch interessiert sind, dann empfehle ich Ihnen dringend, eines der bejubelten Videos anzuschauen und unbedingt die Site von Kruste und Krume zu besuchen. Neben den Videos gibt es Brotbackkurse (die CoVid-bedingt ausgesetzt waren), einen Onlineshop, eine Mehlgreißlerei und vieles anderes zu entdecken. Aber Achtung, Suchtgefahr! Ich übernehme keine Haftung für Folgeschäden.

Den KrusteundkrumlerInnen werde ich bestimmt einen meiner nächsten Blogeinträge widmen. In tiefer Dankbarkeit, denn die Pflege der österreichischen Brotbackkultur in so hochprofessioneller und liebenswürdiger Weise allein ist schon Lobeshymnen wert. Dass ich durch die Rezepte und vor allem die minutiösen Anleitungen so enorm viel gelernt habe, bringt mich - sie werden es wegen meiner zurückhaltenden Art kaum merken - ins Schwärmen.

Aber jetzt noch einmal zum Abendbrot, nämlich dem pane sera, das mich mehrfach schon zur Verzweiflung gebracht hat, aber immer - oh Wunder - köstlich geworden ist. Dafür werden sämtliche Teigreste, zB Sauerteig-, Brühstück-, Sonnenblumenpaste- oder Wasimmerüberschuss, der sich so im Eiskasten angesammelt hat, mit Mehl, Wasser und Salz zu einem neuen Brotteig. Immer spannend, nie gleich, aber, wie oben erwähnt, (bisher) immer ein Erfolg. Eine geniale Teigresteverwertung und das Produkt hat heute eine weitere wundersame Verwandlung durchgemacht und als Gnoccho geendet.

Der Titel "Brotlust und Brotlast" ist, wie sie bereits ahnen werden, nicht zufällig gewählt. Ich bin generell keine Wegschmeißerin und wenn Lebensmittel verderben, ist mir das sehr unangenehm. So kann Überschuss wirklich zur Last werden. Um ehrlich zu sein, habe ich gekauftes hart gewordenes Brot leichter dem Bauern für die Hendln weggegeben als das selbst gebackene.

Deshalb freue ich mich ja so besonders, wenn ich wie heute ein gutes Rezept finde, das mich dieser Last enthebt. Sollten Sie Ideen und Rezepte zur Verwertung von Altbrot haben, bitte bei den Kommentaren einfügen! Sie können sicher sein, dass ich mich darüber noch besondererer freue.

Zum Abschluss noch eine Vorschau auf den nächsten Beitrag. Die Rosen blühen gerade so prachtvoll und ihr Duft ist betörend. Insbesondere die oben abgebildete Schöne namens Constance Spry schäumt geradezu über und hat die vielen Regentage kaum übel genommen. Morgen werde ich mich ihr und all den anderen Pflanzen im Garten widmen. Auch werde ich im Gemüsebeet nachsäen und noch einige vorgezogene Gewürze auf die leer gewordene Spinatfläche setzen.

Meine diversen Photoprojekte liegen auch brach, die Lockerungen nach dem Lockdown bringen die Möglichkeit, endlich wieder Gäste zu bewirten, meine Mitmusikantinnen scharren schon mit den Instrumenten und die Sauerteige gieren danach, gehätschelt und gefüttert zu werden.

Wann ich also wieder zum Blogschreiben komme, ist mehr als ungewiss. Aber Sie sind ja jetzt beschäftigt mit den Videos von Kruste und Krume. Da kann ich mir ruhig Zeit lassen. ;-)

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