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Sonntag, 16. Juli 2017

RITT ÜBER DEN BODENSEE

Achtung, Frau ist am Schimpfwerk. Der Anlass für diese Tirade ist schon mehr als einen Tag vorüber, aber der Schreck, nein, der Ärger sitzt mir immer noch in den Knochen. Lassen Sie mich erzählen. Zur Versöhnung stelle ich einige Bilder von einer meiner Lieblingsgärtnereien, über die ich schon mehrmals berichtet habe, dazu: von der Staudengärtnerei Gaissmayer in Illertissen. Dort habe ich nämlich eine wunderbare Pause eingelegt. Aber lassen Sie mich maulen... äh... erzählen.


Natürlich weiß ich, dass man sich nicht an jenen Sommerwochenenden auf die Autobahn begeben sollte, an denen sich ferienwütige Massen über selbige ergießen. Aber manchmal gibt es eben keine Alternative. Aus diversesten Gründen war ich also vergangenen Freitag mit dem Auto auf der Strecke Basel - Salzburg unterwegs.

Ich habe noch nie auf einer Autofahrt so viele schwere Unfälle gesehen, noch nie so viele Einsatzfahrzeuge von Rettung, Feuerwehr, Polizei und Abschleppdiensten in Aktion.


Immer wieder ineinander verkeilte Autos, zwei, drei, vier. Da sollte man sich doch denken, dass die Fahrerinnen und Fahrer, die ebenfalls an den Unfallstellen vorbeigekommen sind, spätestens jetzt daran denken, Abstand zu halten. Denken kann man viel, die Realität hat anders ausgeschaut. Als hätte es einen Wettbewerb gegeben, wer so knapp wie möglich an das Fahrzeug der Vorderleute heranfahren kann. Flott Gas geben und ran an das rollende, den Weg versperrende Ungetüm. Und dann, bitte sehr, Lichthupe heftig betätigen. Sonst ist es halb so lustig.


Was mich auch beglückt hat: es gibt anscheinend Leute, die vom hohen Norden bis in den tiefen Süden nur auf der linken Fahrbahn brausen. Wozu denn auch die Spur wechseln, wenn man doch weiß, dass die Fahrt links immer und generell die schnellste ist. Und ja, natürlich darf man dabei niemanden einreihen lassen. Was sind die Trottel auch so blöd und kehren nach dem Überholen immer wieder auf die rechte Spur zurück? Sollen dort bleiben!


Spurwechsel fand aber dann sehr wohl statt, nämlich wenn es anfing, sich zu stauen. Da verlässt man kurzfristig die angestammte linke Seite, schlängelt sich über die Mittelspur bis ganz nach rechts, überholt dort drei Autos und schon gehts wieder zügig zurück nach links. Hat mindestens drei Sekunden Fahrtverkürzung gebracht - und vier Notbremsungen der anderen Wägen.


Diese Aktionen, die in kürzesten Abständen erfolgten, brachten, dass die linke Spur permanent verstopft war, die Mittelspur (so vorhanden) schon etwas weniger und die rechte Spur nur von LKWs und Wohnmobilen, die halbwegs zügig vorankamen, besiedelt war. Auf einer weiten Strecke von mir und einigen anderen sehr angenehm und rücksichtsvollen LeidensgenossInnen. Denn auf Wahnsinnige, die sich quietschender Reifen mit Brachialgewalt durch Automassen drängen und dadurch alle gefährden, konnten wir verzichten.


Wobei ich einige der Drängler und Rechtsüberholer immer wieder gesehen habe. Auch sie sind nicht schneller vorangekommen, haben nur sich und allen anderen Stress gemacht.


Übrigens war dieses Fahrverhalten nicht nur weit verbreitet, sondern unabhängig von Automarke und -größe und auch von Nationalität. Im Stau bzw bei 20 km/h blühen auch Kleinwägen zu voller Größe auf, da kann man endlich zeigen, was in einem steckt. Juchuuuh!


Eigentlich habe ich mir zumindest eine Hand mehr gewünscht, um mir aufs Hirn zu greifen. Wie kann man im zähflüssigen Verkehr, der alle 30 bis 70 Meter ein Stop erzwingt, das Go mit Kickstart - und daraufhin unvermeidlicher Vollbremsung - gestalten? Gehts um die Poleposistion? Oder was?


Muss ich erwähnen, dass ich in der Schweiz, in der es ein Tempolimit auf Autobahnen von 120 km/h gibt, zwar durchaus auch Unfälle, aber viel weniger brenzlige Situationen erlebt habe? Dort sind die Strafen so saftig, dass sich die meisten Leute offensichtlich überlegen, ihr Urlaubsbudget massiv zu kürzen. Dafür, und das sei auch erwähnt, gehören Schweizer LenkerInnen ab der Grenze tendenziell zu den enthemmten RaserInnen. Freie Fahrt für freie TouristInnen!


Es war eine lange Fahrt, darauf hatte ich mich von vorneherein eingestellt. Dass es auch eine so stressige Fahrt sein würde, habe ich nicht vorausgesehen. In diesem Sinne war es wirklich (wie ich diesen Schimpfblogeintrag betitelt habe) ein Ritt über den Bodensee. Obwohl ich eigentlich den Bodensee links liegen lassen habe, er nicht zugefroren war und ich zum Glück nach dem Erkennen der Gefahr, in der ich mich befunden hatte, nicht tot vom Autositz geglitten bin.
Im Gegenteil, bin gut und heil und glücklich angekommen und hab mir den Wahnsinn hiermit von der Seele geschrieben.


Dafür, dass mein lieber, sehr alter Hund diese lange Fahrzeit mit kurzen Pausen ohne Maulen mitgemacht hat, bin ich zutiefst dankbar. Ein jaulendes Haustier im Wagen hätte ich nicht wirklich gebraucht.  

Obwohl ich Protest verstanden hätte, denn auch während meines Besuchs der Gärtnerei und des Schaugartens habe ich ihn im Auto warten lassen. Gartengenießen, (wegen des anfänglichen Regens mit der kleinen Kamera) photographieren und abschließend die Befriedigung meiner Pflanzenbegehrlichkeiten und der Transport des Gefundenen ist einfach nicht mit Hundeführen kompatibel.


Dafür habe ich nicht nur vorher und nachher Hunderunden im duftenden Wald eingelegt, sondern ihm beim Rest der Rückfahrt einen Autogarten geboten, in dem er sein Wasser fast wie zu Hause schlürfen konnte.

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