Seiten

Donnerstag, 5. Januar 2017

NACHKLANG

Die Frau ist am Lauschwerk und gibt sich den Erinnerungen an die vergangenen Festtage hin. Die nachhallende Musik wird zart verstärkt durch die weihnachtlichen Versatzstücke, mit denen sich die Zimmer noch schmücken.


Dieses Jahr fallen die besonders üppig aus, denn sie sollten (auch) mitfeiernde Kinder beglücken und da kommt immer die ganze Ladung inclusive der 1er-Garnitur zum Einsatz. Samt "ordentlichem" Christbaum mit Kugeln, selbst in Seidenpapier eingewickelten Zuckerln und dem Schmuck, der sich über die Jahrzehnte angesammelt hat und der - auch dank lieber Geschenke - immer noch bunter wird. Jedes Teil hat seine Geschichte und ist meist mit Gedanken an die Schenkenden verbunden. Wie die wunderbare Glühbirnenkugel, die dieses Jahr dazu gekommen ist.



Ich habe mich ja schon vor langer Zeit an dieser Stelle über das Vorverschieben von Weihnachten ausgelassen. Diesbezüglich bin ich grenzenlos altmodisch und, da in katholischem Umfeld sozialisiert, halte ich mich brav und artig an die diversen "Stichtage". Und der Baum vom Christbaumbauern sichtlich auch. Keine Nadel verlässt den angestammten Platz bisher.


Bei mir tobt also vom 1. Adventsonntag bis zum 24. Dezember der Advent, das Warten auf das optische, kulinarische und auch musikalische Highlight der Weihnachtsfeiertage, das sich durch die Phase "zwischen den Jahren" intensiv hinzieht.



Silvester ist mir zwar nicht besonders wichtig, denn gute Vorsätze hab ich schon lang nimmer gefasst - bin ja Realistin und schieße mir ungern selbst ins Knie durch vorhersehbares Nichteinhalten von unrealistischen Plänen. Aber da ich generell gern feiere, seh ich nicht ein, warum ich das nicht auch zu Silvester tun sollte.


Bis Lichtmess stehen dann - nach gutem altem Brauch - die Weihnachtsversatzstücke rum. Wie zB auch die Engelsküche; Erzgebirgengerl, die ich von der Schwester meiner Großmutter geerbt habe. Im Februar habe ich mich an ihnen und der Üppigkeit meines saisonalen Dekorationswahns endgültig abgesehen, verstaue sie am Dachboden und ziehe meiner Wohnung wieder ihr übliches Alltagsgewand an.


Zum Glück fabriziere ich auch ricthigen Weihnachts- und nicht Adventbäckerei, deshalb konnte ich heute noch einige Keks aufnehmen. Dieses Jahr war ich nämlich bei der bildlichen Dokumentation extrem nachlässig. Das köstliche Konfekt ist leider schon ratzeputz vertilgt. Sowohl das für Weihnachten, als auch das für Silvester produzierte. Ist auch gut so, denn es muss so frisch wie möglich gegessen werden.


Da habe ich mich diess Jahr ausgetobt: weiße Schokoladekugeln gefüllt mit Himbeer- und welche mit Mangoganache, Milchschokoladekugeln mit Eierlikörganache, Cranberries- und Pistazienhäufchen mit weißer oder dunkler Schokolade, Ananas getunkt in Milchschokolade und darüber hinaus noch Mangomarzipan, einen Teil ebenfalls mit Milchschokolade umhüllt und mit einer hauchdünnen, aber geschmacklich sehr intensiven Scheibe kandierter Kumquat verziert, einen anderen Teil in Milchschokostreusel gewuzelt.


Gut, dass das Konfekt allen so gut geschmeckt habe, dass meine Hüften weitestgehend davon verschont wurden. Wovon es noch einige gibt, sind die Quittenwürfel. Da habe ich im Herbst genug für das ganze Jahr produziert, auch einen Teil mit sehr wenig Zucker, was zu Käse ganz wunderbar schmeckt.


Von den Mangomarzipan-Würfeln haben noch zwei überlebt bis heute, daher konnten sie mit auf das verspätete Keksbild. Bei diesem fehlen nur noch die Würfel aus doppelt gebackenem Bischofsbrot. Von denen gab es wenig und die waren schwuppdiwupp weg.


Da sich auch der Advent - wie fast das ganze Jahr 2016 - etwas irregulär gestaltet hat, hielt sich auch die Keksproduktion in Grenzen. Auf dem Bild ist eine Kostprobe (nebst Mangomarzipan und Quittenwürfel) zu sehen.


Lebkuchen, Ministollen, Vanillekipferl, Kramellschnitten, Zitronenstangerl, Spekulatius und "Je runder desto gut", meine Eigenkomposition, die endlich wirklich rund sind. Der (relativ) neue Backofen mit seiner (relativ) korrekten Temperaturangabe machts möglich.


Was auch für die schönsten jemals von mir hergestellten Windringerl gilt. Schneeweiß und formstabil, mein persönliches Weihnachtswunder. ;-)


Schnee war in der Weihnachtszeit Mangelware, was mir gar nichts gemacht hat. Denn einerseits ist mein Lebensbedarf an dem köstlichen Weiß bereits seit Jahren übererfüllt, andererseits kann ich auf meine selbstgemachte Winterlandschaft zurückgreifen. 


Die schmückt die Gläserkredenz und das reicht zur Befriedigung meines Winterbedürfnisses. Mehr Schnee brauche ich eigentlich nicht.


Die Bilder meiner Papierwinterlandschaft haben eine ganz wesentliche Funktion: ich hebe den vorgebohrten Ast auf und nächstes Jahr weiß ich dann, welches Loch für welche Figur vorgesehen ist. Da ich aber der illustren Wintersportgemeinschaft immer wieder jemanden dazugeselle, gibt es jetzt langsam Platzprobleme. Werde wohl einen neuen Ast suchen müssen, damit meine Geschöpfe alle unfallfrei ihren diversen Sportarten huldigen können.


Die Elche hingegen können ganz gemütlich ihres Weges ziehen. Von ihnen habe ich - in der Annahme, dass ich weitere kaufen könnte - jede Menge weggeschenkt. Nun ist es halt eine kleine Herde, die da am Kamin dahintrottet. Dafür haben die Ranunkeln und der Quittenzweig Platz, langsam vor sich hinzutrocknen.


Bereits im Spätherbst sind die Hortensien trocken geworden, die ich damals auf Küchengarn im Wintergarten aufgehängt habe. Nun verdoppeln die silbernen Kugeln ihre Form und damit ihre Pracht. Die ebenfalls von der Decke upside down gehängten Amaryllis hatten nicht so viel Durchhalgevermögen, die sind schon in den Kompost gewandert.


Aber gerade das macht für mich den Reiz der Weihnachtszeit und des Jahreswechsels aus. Das immer Wiederkehrende trifft auf das Flüchtige, Einmalige. Das, welches die Erinnerungen durch die Jahrzehnte trägt und das, bei dem man ein spontanes Ahh und Ohh in die Ohren der Umstehenden gröhlt.


So wünsche ich denn Ihnen (und mir) ein Jahr 2017, in dem Schönes nachklingt und Neues unser Staunen beflügelt. Ein lindes Jahr. Mein persönlicher Wunsch zielt auf ein ganz langweiliges, fades Jahr. Wäre eine so feine Abwechslung nach dem Wahnstinn, der uns umtobt! Sie können sich, so sie auch genug von Aufregungen und Atemlosigkeit haben, gern meinem Wunsch anschließen; sie wissen ja: wünschen darf man sich bekanntlich alles...


Und so bastle ich mir meine biedermeierlich gemütliche Wunschumgebung, lenke meinen Blick weg von der draußen seit gestern immer dichter werdenden Schneedecke auf die brav dauerblühenden Orchideen, blende alles Beunruhigende und Grausame aus und vergrabe mich in mein Weihnachtswunderland. Ich warte sehnsüchtig auf die ersten Anzeichen des Frühlings. Früher oder später wird er kommen und ich kann mir dann einbilden, dass mein Wünschen was geholfen hat. Selbstbetrug ist was Feines.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Über konstruktive Kommentare, Fragen und Anregungen freue ich mich!