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Donnerstag, 21. März 2013

SEHR ÖSTERREICHISCH: KRAUTFLECKERL

Frau am Werk war gestern auch am Kochwerk, denn das in der Speis der Verarbeitung harrende Kraut (in D je nach Region Kohl, Weißkohl etc. genannt) musste dringend verarbeitet werden. Der Gedanke an Krautfleckerl lag nahe, da sie den Kriterien "schnell, gut und billig" entsprechen und mehrere Leute abzufüttern waren.



Krautfleckerl sind eine sehr österreichische, besser gesagt altösterreichische, Speise und wie das meiste besonders Feine in der österreichischen Küche haben auch sie ihren Ursprung im damaligen Böhmen. Ich gebe hier quasi ein Urrezept wieder. Wo meine Zubereitung vom Original abweicht, ist es gesondert vermerkt. Der Zucker ist wesentlicher Bestandteil, in den ganz alten Rezepten werden Krautfleckerl sogar vor dem Servieren noch einmal gezuckert. Ich habe aber die Zuckermenge im Rezept reduziert und die Fett-Angaben (ursprünglich wurde Schmalz in Massen verwendet) lasse ich ganz weg. Aus Gründen...


Bei der Zubereitung sollte man beachten, dass ein großer Unterschied zwischen Frühkraut (das bekommt man im Sommer) und dem Einlagerungskraut, das den ganzen Winter über erhältlich ist, besteht. Ersteres ist sehr wasserreich und schwindet ordentlich, sobald man es erwärmt. Zweiteres enthält kaum Wasser, es behält weitestgehend sein Volumen.



Ein ganzer Krautkopf ist meistens zu groß und sollte jedoch, sobald er angeschnitten ist, rasch aufgebraucht werden. Deshalb  bereite ich immer das gesamte Kraut vor und friere das bereits gedünstete Kraut ein, das nicht gebraucht wird. Das hat den Vorteil, dass man das Verhältnis Kraut : Fleckerl kurz vor dem Anrichten bestimmen kann. Die unten angegebenen Maße sind daher nur Annäherungswerte.

Für die Krautfleckerl benötigt man für 4 Personen

1 Zwiebel
1-2 EL Zucker
Butterschmalz (man kann natürlich auch neutral schmeckendes Öl nehmen)
1/2 kleineren Krautkopf
30 - 40 dkg Fleckerl (kleine, rechteckige Nudeln; siehe Bild)
1 Spritzer Apfelessig
1-2 Tassen Gemüsesuppe (oder Wasser)
ca. 1 TL Kümmel, grob gerieben
ev. Senfsaat und Schwarzkümmel, ebenfalls grob gerieben (nicht im Original)
Salz, Pfeffer (letzterer auch dem zeitgenössischen und -genießenden Gaumen gewidmet)
Zum Aufmotzen der etwas zurückhaltenden Optik ev. Schnittlauchröllchen oder gehackte Petersilie. Nicht im Original vorgesehen, aber was solls...

Die Zwiebel wird fein gewürfelt, dann wird Butterschmalz in einer reichlich großen Pfanne erhitzt und der Zucker darin geschmolzen. Sobald er anfängt, braun zu werden, Zwiebel beifügen und bei niedriger Hitze und gelegentlichem Umrühren karamellisieren lassen.



Während dessen geht es ans Krautzerkleinern. Es wird am besten gehachelt (gehobelt), das geht am flottesten. Meine riesige, hölzerne Hobel mit drei Messern lasse ich für eine so kleine Menge an ihrem Stammplatz im Keller und verwende statt dessen eine möglichst feine, scharfe Gemüsehobel. Geht damit Ruckzuck.



Da ich es ganz gern mag, wenn zumindest Teiles des Krauts noch Biss haben, verwende ich den Großteil des Stiels mit. Ich viertle den Krautkopf, schneide nur den gröbsten Teil des Strunks heraus und setze meinen Hobel an (um auf das Hobellied aus "Der Verschwender" von Ferdinand Raimund geistig zu verlinken).

Manche Köchinnen bzw Köche blanchieren danach das Kraut. Das ist zwar günstig, weil es sich dadurch geradezu in die Pfanne schmiegt, ich will aber sämtliche Inhaltsstoffe bewahren und spare mir die Blanchiererei. Auch das Einsalzen und anschließliche Zusammenpressen mache ich nicht, sondern ich füge das Kraut im Urzustand zum karamellisierten Zwiebel. Das Umrühren kann aber insbesondere bei zu kleiner Pfanne zur Herausforderung werden.



Sobald alles Kraut kurz angedünstet ist, lösche ich es mit einem Spritzer Apfelessig ab, gieße ich mit sehr wenig Suppe (oder Wasser) auf und füge die Gewürze bei. Anschließend Deckel drauf und dünsten lassen.

Wenn das Kraut weich ist und die gröberen Teile noch etwas Biss haben, stelle ich die Nudeln auf. Anschließend muss man nur mehr Kraut und die abgeschreckten Nudeln vermengen. Eventuell ein paar Schnittlauchröllchen drauf, etwas pfeffern, fertig.



Das Rezept für Krautfleckerl wäre nicht vollständig, würde man nicht auf das Geheimrezept der legendären Tante Jolesch hinweisen. Dabei lege ich all jenen, die sich mit österreichischer Kultur befassen wollen, das Buch von Friedrich Torberg "Tante Jolesch oder der Untergang des Abendlandes in Anekdoten" inniglichst ans Herz. Am Schluss des hier verlinkten Beitrags können sie das streng gehütete Geheimnis der Tante Jolesch erfahren, das sie erst mit ihrem letzten Atemzug preisgegeben hat. Unter uns gesagt: ich scheitere bei der Befolgung dieses Hinweises kläglich.

2 Kommentare:

  1. Die Krautfleckerl sehen wirklich so lecker aus wie im Hotel Eppan… Danke für das Rezept:)

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    1. Herr Schleusner es tut mir leid, dass ich Ihren Kommentar jetzt erst entdeckt und daher auch erst jetzt veröffentlicht habe!
      Freu mich sehr darüber, wenn auch ziemlich verspätet. ;-)
      Die Krautfleckerl mögen Ihnen doppelt gut schmecken!

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